Weitere Retaxierungen nicht eindeutig bezeichneter Darreichungsformen aus Bayern

In den Retax-News der letzten Woche mussten wir Ihnen berichten, dass eine vom Arzt nicht angegebene Darreichungsform im Rahmen einer Wirkstoffverordnung zu einer Nullretaxation der Apotheke führte.

Dass es sich hierbei offensichtlich nicht um einen Einzelfall handelte, zeigte die Resonanz der Mitglieder des DAP Retax-Forums, die uns erreichte.

In der Retaxation von letzter Woche ging es um eine nicht angegebene Darreichungsform. Im nachfolgenden Fall wiederum hat der Arzt zwar eine Darreichungsform angegeben, diese ist jedoch nach Ansicht der AOK Bayern nicht ausreichend genau:

Krankenkasse: AOK Bayern (IK 108310400)
Verordnung:Ropinirol AL 4 mg Tbl. N3
Abgabedatum:24.05.2016


Da auch in diesem Fall beide möglichen Darreichungsformen – Filmtabletten und Retardtabletten – am Abgabetag für die AOK Bayern rabattiert waren (vgl. Abb. rotes „%“-Symbol) und sich die Taxpreise lediglich um 2 Cent unterschieden, entstand auch in diesem Fall kein wirtschaftlicher Schaden für die AOK.

Dass kein arzneimittelrechtlicher Schaden entstand, dafür sorgte auch hier die versorgende Apotheke:

  • Der Patient wurde nach Mitteilung der Apothekerin „seit ewigen Zeiten“ mit Filmtabletten versorgt, was sowohl anhand der Kundenkartei, als auch im Beratungsgespräch bestätigt wurde. Dieses ist natürlich auch für die AOK Bayern anhand früherer Verordnungen überprüfbar.
  • Es wurde mit dem AOK-Versicherten ärztlicherseits auch keine geplante Umstellung auf Retardtabletten besprochen.

Dennoch wurde der Apotheke auch hier die vollständige Erstattung ihrer Versorgung in Höhe von 199,29 Euro verweigert:

Besonders ärgerlich ist, dass bereits mehrere dieser unbestimmten „Tbl.“-Verordnungen retaxiert wurden und die Apotheke aufgrund der 12-monatigen Retaxfrist vorerst auch keine Möglichkeit hat, weitere Retaxationen bis Mitte 2017 zu vermeiden.

Wie bereits in unserem Retax-Newsletter vom 26. Januar 2017 ausführlich dargestellt, haben die Apotheken durchaus das Recht, die geeignete und benötigte Darreichungsform selbst auszuwählen, wenn der Arzt nicht erreichbar ist; sie haben jedoch auch die Pflicht, ihre Entscheidung auf der Verordnung der Krankenkasse mitzuteilen, obwohl diese ohnehin der taxierten PZN inkl. Unterschrift zu entnehmen ist:

3 (12) ALV Bayern

„Enthält eine Verordnung hinsichtlich der Darreichungsform oder Wirkstärke unvollständige oder ungenaue Angaben und ist der Vertragsarzt nicht erreichbar, so ist der Apotheker berechtigt, diejenige Darreichungsform oder Wirkstärke abzugeben, die er nach pflichtgemäßem Ermessen für die richtige hält; das Verordnungsblatt ist vom Apotheker entsprechend zu ergänzen und abzuzeichnen.“

Auch ein entsprechender Einspruch des Bayerischen Apothekerverbandes wurde abgelehnt, obwohl der Apothekerverband sehr ausführlich darlegte, weshalb die abgegebenen Filmtabletten galenisch und pharmakologisch der nicht im Handel befindlichen Darreichungsform „Tbl.“ am nächsten kommen. Gleichwohl wurde der Einspruch abgelehnt.

Unsere Empfehlung bis zu einer vertraglich eindeutigen Vereinbarung oder einem klärenden Gerichtsentscheid:

Obwohl in den Verträgen nicht explizit vereinbart wurde, Apotheken auf „Null“ zu retaxieren und auch das Urteil des BSG sich „nur“ auf Nichtbeachtung von vorrangigen Rabattverträgen bezog, sind die Apotheken derzeit leider nur auf der retaxsicheren Seite, wenn sie ihre fachkundige Entscheidung auch auf der Verordnung zusätzlich begründen (mit Datum und Unterschrift).

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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