Verbandstoff als nicht gelistetes Medizinprodukt retaxiert (2019)

Eigentlich hatten wir gehofft, dass es sich nach unserem Retax-News­letter vom 13.06.2013 „Verband­stoff als nicht gelistetes Medizin­produkt retaxiert“ auch bei den zertifi­zierten Rezept­prüfstellen herum­ge­sprochen hat, dass nicht alle Medizin­produkte in der Anlage V der Arznei­mittel-Richt­linien (AM-RL) gelistet sein müssen, um eine Erstattung der GKV-Kassen zu begründen.

Dass dem leider nicht so ist, zeigt der heutige Retax­fall, der dem DAP-Team mitgeteilt wurde. Zwar sind Medizin­produkte grund­sätzlich nicht zulasten der gesetzlichen Kranken­kassen verordnungs­fähig, das am 01.07.2008 in Kraft getretene Medizin­produktegesetz (MPG) weist dem G-BA (Gemeinsamen Bundes­ausschuss) jedoch die Aufgabe zu, in einer Art „Positivliste“ festzulegen, in welchen medizinisch not­wendigen Fällen Medizin­produkte ausnahms­weise doch in die Arznei­mittel­ver­sorgung einbe­zogen werden.

Dennoch ist diese Liste nicht für jedes Medizinprodukt ausschlaggebend. Zu den Medizinprodukten, die, um erstattet zu werden, in der Anlage V zur Arzneimittelrichtlinie gelistet sein müssen, zählen nur die Medizinprodukte mit Arzneicharakter.

Unter der Obergruppe „Medizinprodukt“ finden sich jedoch auch viele Untergruppen, die für die jeweiligen Leistungserbringer – gegebenenfalls unter speziell festgelegten Bedingungen – auch ohne Listung erstattet werden müssen. Im Apothekenbereich sind dies hauptsächlich

  • Verbandmittel,
  • Pflaster,
  • Teststreifen und zum Beispiel
  • Blutzuckermessgeräte.

Dies ist per Gesetz in § 31 Abs. 1 SGB V geregelt.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477)

31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung

„(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen […].“

Verbandmittel unter den Medizinprodukten sind also verordnungs- und erstattungsfähig, auch wenn diese nicht in der Anlage V der AM-RL gelistet sind. Sie fallen auch nicht unter den Verordnungsausschluss nach § 34 SGB V.

Dies ist jedoch noch nicht bei allen Rezept-Prüfdienstleistern angekommen, wie man dem vorliegenden Retaxfall entnehmen kann:

Krankenkasse: IKK classic (IK 101500154)
Verordnet:Yathan second skin Unterschenkelschutz 1 Paar
Abgabedatum:22.02.18

Das genannte Produkt ist als Verbandstoff deklariert und somit erstattungsfähig. Dies wird bei der Langnamen-Recherche in der Apotheken-EDV wesentlich deutlicher sichtbar:

Auch die weitergehende Recherche in der Apotheken-EDV bestätigt dies:

Es handelt sich also demnach um ein Nichtarzneimittel, welches als Verbandstoff in der Gruppe der Medizinprodukte definiert ist.

Dies stellt eine Recherche dar, welche auch von den qualifizierten Retax-Dienstleistern durchgeführt werden könnte, ja sogar durchgeführt werden müsste.

Stattdessen wurde die versorgende Apotheke aber retaxiert:

Als Begründung wurde angeführt, dass es sich um ein nicht erstattungsfähiges Medizinprodukt handeln würde:

Wie die betroffene Apotheke mitteilt, gab es, aus den genannten Gründen, bei der Versorgung mit dem verordneten Verbandstoff auch keine Warnung in der Apotheken-EDV (Medizinprodukt).

Bleibt also zu hoffen, dass die Krankenkasse nun dem Einspruch der Apotheke stattgeben wird.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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