Unberechtigte Retax und unberechtigter Direktabzug

Es gibt Versorgungsverträge, die den Krankenkassen die Direktabrechnung unmittelbar mit dem von den Apotheken beauftragten Rezeptabrechnungszentren erlauben.

Dies gilt jedoch nur für Rechnungsgutschriften oder für Abrechnungsbelastungen, die auf einer falschen Rezeptdatenerfassung (Abschläge oder Berechnungen) durch die Apothekenabrechnungszentren selbst beruhen:

§ 12 (2) vdek-AVV

Anlage 5 C. (1) Versorgungsvertrag Bayern

Im Falle der falschen Datenweitergabe durch die Rezeptabrechnung macht diese Vereinbarung auch Sinn – wenn die Abrechnung durch die Apotheke selbst korrekt erfolgte, falsch weitergeleitete Daten jedoch von den einzelnen Apotheken nicht mehr überprüfbar sind.

Vereinbarungen zur direkten Rechnungskorrektur zwischen Krankenkassen und Apothekenabrechungszentren gelten jedoch nicht für „normale“ Retaxationen, die auf tatsächlichen oder vermeintlichen Fehlern bei gesetzlichen oder vertraglichen Versorgungsvorschriften beruhen.

Offenbar ist dieser wichtige Unterschied manchen qualifizierten Rezeptprüfstellen nicht hinreichend bekannt, denn wir erhalten zunehmend Retax-Mitteilungen von Mitgliedern des DAP-Retaxforums, bei denen der Retaxbetrag direkt von der laufenden Rezeptabrechnung abgezogen wurde, wobei uns die betroffenen Apotheken versichern, vorab keine entsprechende Retaxmitteilung der Krankenkasse mit Einspruchsbelehrung erhalten zu haben.

Diese „Retaxvariante“ mag für manche Rezeptprüfstelle bequem und vorteilhaft sein. Wenn der betroffenen Apotheke nicht direkt die erforderlichen Retaxunterlagen vorab zugehen und die vertraglich vereinbarten Einspruchsmöglichkeiten erschöpft sind, ist diese Art der Retaxabrechnung aber nicht zulässig. Zumal bei einer ausschließlichen Auflistung auf den Rezeptabrechnungsunterlagen die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass derartige Retaxationen übersehen würden.

Besonders unangenehm ist es für die betroffenen Apotheken, wenn eine direkt belastete Retaxation auch noch völlig unberechtigt ist, wie der nachfolgende Fall zeigt.

Der Fall

Zunächst erhielt die betroffene Apotheke nur Kenntnis von dem Abzug in Höhe von ca. 141 Euro durch Ihre monatliche Rezeptabrechnung:

Auf Nachfrage erhielt die Apotheke dann das Image der vermeintlichen Falschabgabe, da die Apotheke angeblich drei verordnete Hilfsmittel ohne Angabe der betreffenden Hilfsmittelnummern abgegeben hatte:

Kostenträger: AUDI BKK (IK 108534160)
Verordnungsdatum:15.12.2016
Abgabedatum:15.12.2016
Verordnung: 
  • Suprasorb A + Ag 5 x 5 cm Lohmann & Rauscher KOM 8 St.
  • Kompressen steril 7,5 x 7,5 cm 50 St.
  • Curapor steril 10 x 20 cm REF 30513 50 St.

    Natürlich sieht jede Apotheke auf einen Blick, dass es sich bei den verordneten Produkten nicht um Hilfsmittel handelt, sondern um verordnungs- und erstattungsfähige Verbandstoffe, ohne erforderliche Hilfsmittelnummer.

    Ein Blick in die EDV verschafft zusätzliche Klärung:

    1. Verordnungszeile – Suprasorb

    Die verordnete und belieferte PZN 07402173 ist ein Verbandstoff mit der Gruppen-Nr. 35401110 und kein Hilfsmittel:

    2. Verordnungszeile – Kompressen steril

    Gleiches gilt für die abgegebenen Kompressen:

    3. Verordnungszeile – Curapor steril

    Und auch hier:

    Fazit

    Da keines der verordneten Produkte als Hilfsmittel mit eigener Hilfsmittel-Nr. eingestuft ist, ist die Retaxation wegen nicht angegebener Hilfsmittel-Nr. unbegründet und zurückzunehmen.

    Zudem ist darauf zu achten, dass Retaxationen künftig gemäß den vertraglich vereinbarten Beanstandungswegen geltend gemacht werden und nicht über die Rechnungskorrektur von Datenfehlern unserer Abrechnungszentren.

    DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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