Retax: „Year Pack“ nur einmal im Jahr

Neben der regelmäßigen Über­prüfung des Kompressions­drucks empfiehlt der Hersteller der Pari Inhalier­geräte auch einen jährlichen Austausch der Zubehör­teile (Year Pack mit Vernebler, Anschluss­schlauch und Luftfilter), um ein gleich­mäßiges Aerosol­spektrum und die Therapie­effizienz zu gewähr­leisten.

Dies wird offensichtlich zum Anlass genommen, dass manche Kranken­kassen die Erstattung dieses Zubehör­sets auf ein Set pro Jahr limitieren. Um unnötige Ersatz­verordnungen zu begrenzen, mag dies im Regel­fall durchaus seine Berechtigung haben. Das Problem liegt jedoch wie so oft im Einzelfall und der Frage, wie eine Apotheke diesen „Kassen­wunsch“ bei Vorlage einer Verordnung überprüfen soll, wenn nicht Erst- und Folge­verordnung in der gleichen Apotheke vorgelegt wurden und für den Kunden keine Kunden­karte geführt wird. Besonders unangenehm wird es, wenn es sich um einen Notfall handelt, der wegen eines Geräte­defektes eine unverzügliche Ersatz­versorgung benötigt.

Der Fall

Krankenkasse: AOK Baden-Württemberg (IK 106918251)
Verordnung:Pari Compact Year Pack BEU 1 St.
Die Diagnose „obstr. Bronchitis“ ist genannt und zudem wurde auch die Notwendigkeit der Verordnung begründet: „Pari Set defekt! Neuverordnung notwendig.“
Verordnungs- und Abgabedatum:30.11.2017

Wer nun annimmt, dass dieser Notfall eines dreijährigen Kindes (geb. 2014) auch aus Sicht der Kranken­kasse eine Ausnahme von der Regel rechtfertigen würde, sieht sich ebenso getäuscht wie die hilfs­bereite Apotheke, die das Kind aufgrund ihres bestehenden Versorgungs­vertrages unverzüglich versorgte.

Kaum nach­voll­ziehbar wurde der Apotheke diese „Notfall­versorgung“ nämlich von der Kranken­kasse nicht bezahlt, da angeblich die „grund­sätzliche“ Nutzungs­dauer erst nach zwei Monaten erreicht worden wäre:

Da die Apotheke keine Kenntnis über die letzte Verordnung hatte und zudem der Meinung war, dass eine Notfall­versorgung eines dreijährigen Kindes doch wohl eine Ausnahme von einer „grund­sätzlichen“ Nutzungs­dauer rechtfertigen würde, legte sie Einspruch gegen diese Retaxation ein: 

Hierzu schrieb die betroffene Apotheke dem DAP-Team: 

„In letzter Zeit mehren sich die Hilfsmittelretaxationen. Besonders ärgert uns, dass die Kassen bei Verordnung eines Year Packs für Pari Inhalationsgeräte die Zwölfmonatsfrist exakt auf 365 Tage auslegen und im Unterschreitungsfall auch nur um einen Tag der Apotheke die Zahlung verweigern.“

Und die Apotheke weist zu Recht darauf hin, dass wir in der Regel gar keine Möglichkeit haben, letzteres zu überprüfen, denn eine Recherche über das Abrechnungs­zentrum wäre zu langwierig und die verordnende Arztpraxis lehnt dies häufig als zu aufwendig ab.

Zudem teilt man uns mit, dass für dieses Problem zwar schon seit längerem Gespräche des zuständigen Apotheker­verbandes mit der entsprechenden Kranken­kasse erfolgen, letztere aber auf dem Standpunkt stehe, dass die Apotheken im Rahmen ihrer Beratungs­pflicht das Datum der letzten Verordnung zu erfragen hätten.

Dass ein Patient bei einer Notfall­versorgung stets das exakte Datum seiner letzten Verordnung parat haben soll, sollte wohl auch eine Kranken­kasse als reichlich welt­fremd erkennen.

Da der Apotheke eine entsprechende „Jahresfrist“ im Liefer­vertrag nicht bekannt war, hat sie auch dies­bezüglich nochmals bei der Kranken­kasse angefragt und erhielt die erstaunliche Antwort, dass sich die Kasse bei ihrer Retaxation nicht auf einen uns und der Apotheke unbekannten Vertrags­passus beruft, sondern wieder einmal auf das allgemeine „Wirtschaftlich­keits­gebot“ – aus dem sich ganz klar ergebe, dass ein „Year Pack“ auch mindestens ein Jahr benutzt werden müsse, bevor ein neues abgegeben werden dürfe.

Da hier wohl eindeutig „hell­seherische“ Fähigkeiten von den Apotheken verlangt werden, können wir uns künftig eindeutige Vertrags­verein­barungen ersparen, wenn solche Retaxationen Schule machen sollten und man kassen­seits nicht bereit ist, zumindest in Notfällen eine kulante Regelung anzubieten.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

Neuen Kommentar schreiben

Sie müssen angemeldet sein, um die Kommentarfunktion nutzen zu können.

DAP Newsletter

Immer aktuell informiert mit dem DAP Newsletter: zur Newsletter-Anmeldung