Retax: Entlassrezept ohne „Balkenkennzeichnung“

Seit Oktober 2017 sollen im Klinikbereich neu eingeführte „Entlassrezepte“ den Patienten den reibungslosen Übergang in die ambulante Versorgung ermöglichen. Nur leider verursachte diese Neueinführung häufig größere Probleme, als wir sie zuvor bei Krankenhausrezepten hatten – das Gegenteil von gut ist, wie so oft im Arzneimittelbereich, wieder einmal nur gut gemeint.

Um diese Probleme zu mindern, wurden, zeitgleich zum 01.05.2018, sowohl eine Ergänzung zum Rahmenvertrag als Grundlage für alle GKV-Kassen als auch eine neue Ergänzungsvereinbarung mit den Ersatzkassen beschlossen. Diese beiden Ergänzungsregelungen, deren Prüf- und Heilungsmöglichkeiten nicht in allen Bereichen übereinstimmen, führten zu einem weiteren bürokratischen Prüf- und Versorgungsaufwand für die Apotheken und die betroffenen Patienten. Hierzu finden Sie im DeutschenApothekenPortal unter dem Stichwort „Entlassmanagement“ zahlreiche Beiträge, unter anderem auch folgende DAP Retax-Arbeitshilfen zu diesem Thema:

Eine Entlassverordnung liegt ordnungsgemäß vor, wenn

  1. ein Muster-16-Vordruck mit der Kennzeichnung „Entlassmanagement“ vorliegt (außer bei BtM- bzw. T-Rezepten, siehe hierzu Punkt Nr.3),
  2. eine BSNR (Betriebsstättennummer) mit „75“ aufgedruckt ist,
  3. die letzte Stelle des Statusfeldesmit der Ziffer „4“ gekennzeichnet ist (BtM- bzw. T-Entlassrezepte sind an dieser Ziffer „4“ zu erkennen) und
  4. die Arztnummer bzw. Pseudoarztnummer („4444444XX“ plus zweistelliger Fachgruppencode) eingetragen ist.

Eine Entlassverordnung muss sich also aufgrund der zahlreichen abweichenden Vorschriften deutlich erkennbar von einer „normalen“ Verordnung unterscheiden. Daher ist auf diesen Muster-16-Vordrucken der diagonale Schriftbalken „Entlassverordnung“ angebracht:

Was jedoch, wenn eine Klinik das falsche Rezeptformular ohne diesen Schriftzug verwendet und eine Apotheke eine „Entlassverordnung“ gar nicht ohne Weiteres erkennt?

Genau dies ereignete sich im nachfolgenden Fall, bei der die Krankenkasse der betroffenen Apotheke die eigentlich verordnete 20er-Packung N2 Clexane 0,4 ml s.c. auf die kleinere zulässige 10er-Packung N1 einer „Entlassverordnung“ kürzte:

Das entscheidende Erkennungsmerkmal einer „Entlassverordnung“ fehlte dieser Verordnung. Die Krankenkasse ging aber auch ohne entsprechende Vertragsgrundlage davon aus, dass die Apotheke dieses falsche Rezeptformular als „Entlassverordnung“ erkennen und nach deren Regeln versorgen musste.

Auf der Verordnung sind allerdings weitere Kennzeichen einer „Entlassverordnung“ vorhanden:

  • Die Ziffer „4“ steht an der letzten Stelle des Statusfeldes.
  • Die BSNR beginnt mit „75“ und wiederholt sich sowohl in der Codierleiste als auch im Klinikstempel.
  • Die vorläufige PseudoarztNr. 4444444XX, ergänzt um den zweistelligen Fachgruppencode „10“ (ergibt 444444410),ist eingetragen.

Gleichwohl handelt es sich um eine von der Klinik nicht ordnungsgemäß ausgestellte „Entlassverordnung“, die man daher auch als eine „normale“ Klinikverordnung ansehen könnte und die eine Versorgung mit der verordneten 20er-Packung Clexane erlauben würde.

Es stellt sich somit die Frage, welche der vertraglich erforderlichen Kriterien auf einer Verordnung fehlen dürfen, damit die Apotheke diese trotzdem noch als „Entlassverordnung“ und nicht als „normale“ Klinikverordnung erkennen und behandeln kann.

Da wir Apotheken – wie so häufig – in solchen ungeklärten Fällen zu Kasse gebeten werden, haben wir ein Recht auf eindeutige, interpretationssichere Vereinbarungen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die nächste Rezeptprüfstelle unvollständige Verordnungen zwar ad libitum als „Entlassverordnung“ einstuft, deren Erstattung aber vollständig als „nicht ordnungsgemäß“ ablehnt (Nullretax).

Da diese Frage nicht geklärt ist, der Kasse kein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist und Ihr Versicherter die verordnete Menge Clexane-Spritzen benötigt, sollte einem Einspruch der Apotheke in diesem Fall stattgegeben werden.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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