Retax: Apotheke soll ärztliche Doppelverordnung begründen

Es ist für die Apotheke nicht möglich, ärztliche Mehrfachverordnungen mit identischem Datum zuverlässig zu erkennen. Noch dazu, wenn es sich um wirkstoffidentische Verordnungen unterschiedlicher Anbieter handelt, die zwar am gleichen Tag ausgestellt wurden, aber mit einem Abstand von einer Woche in der Apotheke vorgelegt werden. Daher gibt es auch keine gesetzliche oder vertragliche Vorschrift für die Apotheke, diesbezüglich zu prüfen. Und wo es keine Prüfplicht für die Apotheke gibt, gibt es im Grunde auch keine Retaxberechtigung für die Krankenkassen.

Dies sehen manche Kassen offenbar anders! Nachfolgend berichtet eine Apotheke ihren mittlerweile über 8.600 Kolleginnen und Kollegen im kostenlosen DAP-Retaxforum, dass die AOK Niedersachsen ihr in einem solchen Fall die Erstattung verweigert, wenn sie nicht nachweisen könne, dass die ärztliche „Doppelverordnung“ nicht irrtümlich erfolgte und sie nicht anhand von Nachweisen belegen könne, dass beide Verordnungen beliefert wurden.

Verordnung 1:

Kostenträger: AOK Niedersachsen (IK 102114819)
Verordnet:Innohep 20000 Anti XA IE/ml FER 10 x 0,9 ml N1, Eurim Pharm!
Verordnet am:04.11.2015
Vorlage und Abgabe:11.11.2015

Verordnung 2:

Die AOK Niedersachsen verweigert der Apotheke die Erstattung dieser Versorgung, weil sechs Tage zuvor schon eine wirkstoffidentische Verordnung vom gleichen Arzt für diesen Patienten in der Apotheke eingelöst wurde:

Kostenträger: AOK Niedersachsen (IK 102114819)
Verordnet:Innohep 20000 IE/Ml FER 10 x 0,9 ml N1, ohne Importangabe!
Verordnet am:04.11.2015
Vorlage und Abgabe:05.11.2015

Obwohl beide Verordnungen in der Arztpraxis erkennbar nicht in einem Vorgang erstellt wurden und die zweite Verordnung nicht nachträglich als Kopie der ersten Verschreibung erstellt wurde, verweigert die AOK der Apotheke die Erstattung der zweiten Verordnung in Höhe von 178,68 Euro als angeblich „unzulässige Doppelabrechnung“:

Außerdem verlangt die Kasse von der Apotheke eine Arztbestätigung über den „doppelten Bedarf“ beizubringen sowie eine doppelte Belieferung durch Rechnungskopien zu beweisen.

Ein völlig unzumutbares Ansinnen, denn hier wird vermutet, dass

  • der Arzt trotz unterschiedlicher Verordnungen, die lediglich im Ausstellungsdatum übereinstimmen, hier irrtümlich eine „Zweitschrift“ ohne den entsprechenden Vermerk erstellt hat,
  • der Versicherte diese wohl ebenfalls irrtümlich doppelt in der Apotheke im Abstand von 6 Tagen vorgelegt hat und
  • in der Apotheke diese „versehentlich“ in die Abrechnung gelangt ist.

Obwohl es zahlreiche Gründe sowohl für Arzt und Patient für taggleiche Mehrfachverordnungen gibt, verlangt die AOK Niedersachsen der Einfachheit halber von der Apotheke, nachzuweisen dass es sich nicht um eine „unzulässige Doppelverordnung“ handelt, da vermutlich weder der Versicherte der AOK, noch der verordnende Arzt ein solches Ansinnen widerspruchslos akzeptieren würden.

Fazit:

Weder ist es dem Arzt untersagt, mehrere wirkstoffidentische Verordnungen an einem Tag zu erstellen, noch ist es der Apotheke untersagt, diese zu versorgen oder ihr vorgeschrieben, den Patienten nur auf entsprechende ärztliche Bestätigungen hin zu versorgen – daher ist diese Retaxation zurückzunehmen!

Seit dem 01. Juni 2016 (Neufassung des § 3 Rahmenvertrag) gäbe es auch keinen Grund mehr, „Doppelverordnungen“ ohne Vermerk auszustellen, da selbst bei gekennzeichneten Duplikaten nach Verlust der Originalverordnung keine Retaxmöglichkeit mehr besteht.

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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