Persönliche Rücksprache in der Präsenzapotheke

Wir alle kennen die lobenden politischen Grußworte auf Apothekertagen, wie unentbehrlich die Leistungen der Präsenzapotheken für die schnelle und korrekte Versorgung der Patienten sind. Leider mussten die Apotheken schon zu oft die Erfahrung machen, dass aus politischen Entscheidungen nur selten Verbesserungen für den Erhalt der Apotheken vor Ort resultierten.

Obwohl das letzte Wort in der existenzbedrohenden Rx-Preisfreigabe durch den EuGH am 19.10.2016 noch nicht gesprochen scheint, steht die politische Unterstützung eines von den Unionsparteien CDU/CSU geforderten Rx-Versandverbotes auf wackeligen Füßen, da diese aus den Lagern der anderen politischen Parteien lediglich von der Partei „Die Linke“ unterstützt wird.

Die Apotheken vor Ort legen weniger Wert auf medienwirksame Pressemitteilungen eigentlich selbstverständlicher Leistungen, sondern sehen es als ihre originäre Aufgabe an, ihre „Patienten“ schnell, pharmazeutisch, therapeutisch und rechtlich korrekt zu versorgen.

Dies wollen wir mit zwei Versorgungsbeispielen aus einer Apotheke auch gerne belegen:

1. Fall: Irrtümlich zu hoch verordnete Arzneimittelmenge

Hier wurde in der Arztpraxis für eine Patientin statt 1 x Nitrolingual akut Spray zur Behandlung akuter Angina-pectoris-Anfälle die Zeile in der Arzt-EDV verwechselt und so wurden gleich 10 Packungen Spray verordnet.

Natürlich hat die Apotheke vor Ort, der auch die Patientin seit Jahren persönlich bekannt ist, den behandelnden Arzt auf diesen offensichtlichen Irrtum hingewiesen, die Verordnung in Rücksprache mit ihm korrigiert und die vorrangige wirkstoff- und normgrößengleiche Rabattarznei der AOK abgegeben.

2. Fall: Namensverwechslung des Patienten

Wesentlich problematischer kann sich eine gelegentlich vorkommende Namensverwechslung auswirken, die – wie im vorliegenden Fall – nicht einmal dem Patienten selbst auffiel. Seiner Apotheke war er jedoch persönlich bekannt. Daher konnte die Namensverwechslung diskret im Hintergrund mit der verordnenden Arztpraxis telefonisch abgeklärt und der Patient mit dem auf seinen Namen ausgestellten Medikament versorgt werden.

a) Irrtümlich falsches Rezept für einen namensähnlichen Patienten „Wa█████“:

b) Nachgeliefertes korrektes Rezept für den Patienten „We█████“:

Fraglich bleibt, ob der Patient „Wa█████“ irrtümlich die für den Patienten „We█████“ bestimmtem Alfuzosin 2,5 mg erhalten hätte, wenn er „seine“ Verordnung in einem vorbereiteten Kuvert an einen ausländischen Versender geschickt hätte, da seine Adresse irrtümlich auf der Verordnung angegeben war.

Schwer verständlich ist für die deutschen Präsenzapotheken, dass diese individuelle Therapieprüfung der Apotheken vor Ort als Wettbewerbsnachteil der Versandapotheken ausgelegt und durch den EuGH sogar als Begründung für die Preisfreigabe rezeptpflichtiger Arzneimittel angeführt wird (da dies ein wichtiger Wettbewerbsfaktor sein könne, um Zugang zum deutschen Markt zu finden):

„Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass traditionelle Apotheken, wie der ZBUW sowie die deutsche und die schwedische Regierung ausgeführt haben, grundsätzlich besser als Versandapotheken in der Lage sind, Patienten durch ihr Personal vor Ort individuell zu beraten und eine Notfallversorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Da Versandapotheken mit ihrem eingeschränkten Leistungsangebot eine solche Versorgung nicht angemessen ersetzen können, ist davon auszugehen, dass der Preiswettbewerb für sie ein wichtigerer Wettbewerbsfaktor sein kann als für traditionelle Apotheken, weil es von ihm abhängt, ob sie einen unmittelbaren Zugang zum deutschen Markt finden und auf diesem konkurrenzfähig bleiben.“

Aus diesen Gründen kam der EuGH zu der Entscheidung, dass ein einheitlicher Apothekenabgabepreis für verschreibungspflichtige Humanarzneimittel nicht mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt werden kann:

„2. Art. 36 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die vorsieht, dass für verschreibungspflichtige Humanarzneimittel einheitliche Apothekenabgabepreise festgesetzt werden, nicht mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen im Sinne dieses Artikels gerechtfertigt werden kann, da sie nicht geeignet ist, die angestrebten Ziele zu erreichen.“

Falls Sie ähnliche Probleme vor Ort zum Wohle eines Patienten lösen konnten, bitte ich um Kontaktaufnahme unter retaxforum@gmx.de.

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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