Nachgereichte BtM-Notfallverordnung wegen Abgabe vor der Ausstellung retaxiert!

Häufig sind die gesetzlichen Vorschriften zur patientenfreundlichen Arzneimittelversorgung praxisnäher als die mit den einzelnen Krankenkassen direkt „vereinbarten“ Abgabevorschriften. Denn der Gesetzgeber hat vorrangig die schnelle und unbürokratische Patientenversorgung im Blick und nicht das Bestreben mancher Rezeptprüfstellen, den einen oder anderen Euro zu sparen, nur weil selbst in dringenden Fällen nicht jede „Bürokratiehürde“ übersprungen werden konnte.

Es ist also grundsätzlich zu begrüßen, dass sich der Gesetzgeber besonderer Versorgungsprobleme selbst angenommen hat und viele Apotheken würden sich sogar wünschen, dass dies öfter der Fall wäre. Doch was hilft es der Apotheke, wenn Rezeptprüfstellen die Intention des gesetzlich begründeten Rahmenvertrages bei Formretaxationen deutlich zurückhaltender zu sein nicht zur Kenntnis nehmen und weiterhin retaxieren?

Jede Apotheke kennt den Paragrafen 4 Absatz 1 der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV):

4 (1) AMVV

„Erlaubt die Anwendung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels keinen Aufschub, kann die verschreibende Person den Apotheker in geeigneter Weise, insbesondere fernmündlich, über die Verschreibung und deren Inhalt unterrichten. Der Apotheker hat sich über die Identität der verschreibenden Person Gewissheit zu verschaffen. Die verschreibende Person hat dem Apotheker die Verschreibung in schriftlicher oder elektronischer Form unverzüglich nachzureichen.

Die AMVV erlaubt der Apotheke somit bei dringenden verschreibungspflichtigen Verordnungen, Arzneimittel auch nach fernmündlicher Anweisung des Arztes vorab abzugeben; dies gilt auch bei BtM-Verordnungen gemäß Paragraf 8 Absatz 6 der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV):

8 (6) BtMVV

„Außer in den Fällen des § 5 dürfen Betäubungsmittel für Patienten, den Praxisbedarf und Tiere in Notfällen unter Beschränkung auf die zur Behebung des Notfalls erforderliche Menge abweichend von Absatz 1 Satz 1 verschrieben werden. Verschreibungen nach Satz 1 sind mit den Angaben nach § 9 Abs. 1 zu versehen und mit dem Wort „Notfall-Verschreibung“ zu kennzeichnen. Die Apotheke hat den verschreibenden Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt unverzüglich nach Vorlage der Notfall-Verschreibung und möglichst vor der Abgabe des Betäubungsmittels über die Belieferung zu informieren. Dieser ist verpflichtet, unverzüglich die Verschreibung auf einem Betäubungsmittelrezept der Apotheke nachzureichen, die die Notfall-Verschreibung beliefert hat. Die Verschreibung ist mit dem Buchstaben „N“ zu kennzeichnen. Die Notfall-Verschreibung ist dauerhaft mit dem in der Apotheke verbleibenden Teil der nachgereichten Verschreibung zu verbinden.

Diese gesetzlichen Ausnahmeregelungen sind jeder Apotheke bekannt und dies sollte eigentlich auch für qualifizierte Rezeptprüfstellen gelten. Denn beiden „Notfallversorgungen“ ist gemein, dass den bereits erfolgten Abgaben das zugehörige Rezept erst nachgereicht werden kann. Dass dies aber nicht für alle Rezeptprüfstellen nachvollziehbar ist, zeigt die nachfolgende BtM- Notfallverordnung, die das DAP Retaxforum erreichte: 

Hierzu schreibt uns die betroffene Apotheke:

„Die ausstellende Ärztin kam kurz vor ihrem Notdienstantritt in meine Apotheke und hatte natürlich kein BtM-Rezept dabei. Ich habe das ausgestellte Kassenrezept (Sprechstundenbedarf) am 31.12.2016 als Notfallrezept angenommen und am Abgabetag (wie gesetzlich vorgeschrieben) bedruckt. Zum 01.01.2017 wurde dann das eigentliche BtM-Rezept ausgestellt. Dieses habe ich entsprechend mit dem Vorgang vom 31.12.2016 bedruckt – damit der Zusammenhang klar ist und beide (!) Rezepte zusammen mit der Markierung „N“ im Januar zur Abrechnung eingereicht und dies auch auf dem BtM-Rezept vermerkt (siehe Rezeptscan). Ich denke, ich habe mich genau an die BtM-Vorschriften gehalten. Somit sehe ich keinen Grund, warum mir die Abgabe nicht bezahlt werden sollte.“

Wir sehen hier auch keinen Grund, diese gesetzeskonforme BtM-Notfallverordnung nicht zu erstatten, aber offenbar war die Rezeptprüfstelle der Meinung, hier die „Rezeptnachreichung“ als „Abgabe vor der Rezeptausstellung“ beanstanden und der versorgenden Apotheke die Erstattung ihrer Notfallversorgung verweigern zu dürfen. Der erklärende Vermerk der Apotheke „Abgabe 31.12.2016 auf beiliegendem Notfallrezept“ hat die Rezeptprüfstelle wohl erst auf diese Idee gebracht.

Leider haben weder das der Abrechnung beiliegende „Notfallrezept“, noch das deutlich erkennbare, eingekreiste „N“ oder der erklärende Vermerk der Apotheke ausgereicht, um den offensichtlichen Sachverhalt auch der Rezeptprüfstelle zu erklären.

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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