Erneute Mehrkosten-Retax

Letzte Woche wurde bekannt, dass die Sonder­regeln, die Apotheken im Zuge der Corona-Pandemie einen erweiterten Spiel­raum bei Liefer­problemen geben, bis Ende Mai 2022 verlängert wurden. Neben den erleichterten Austausch­regelungen und vereinfachten Heilungs- und Korrektur­möglichkeiten gibt es allerdings weiterhin leider keine einheitliche Abrechnungs­möglichkeit bei Mehr­kosten, wenn aufgrund von Liefer­schwierigkeiten nur ein mehr­kosten­pflichtiges Präparat abge­geben werden kann.

Achtung bei der Abrechnung von Mehrkosten

Bereits vor einigen Wochen berichteten wir darüber, dass vermehrt Retaxationen über Mehrkosten bei den Apotheken eintreffen. Da es diesbezüglich weiterhin Meldungen aus den Apotheken gibt, möchten wir einmal mehr auf diese Retaxfalle hinweisen.

Eine Apotheke gab im vergangenen August zulasten der DAK (IK 105830016) anstelle des verordneten Nebivolol Actavis (PZN 03161488) das zu dieser Zeit einzig verfügbare Original Nebilet ab. Die Abgabe wurde mit der Sonder-PZN und Faktor 3 dokumentiert.

Im Nachhinein erhielt die Apotheke leider eine Retax. Die Begründung: „Abrechnung von Mehrkosten zu Lasten der KK sind nur bei Nichtverfügbarkeit eines Rabattartikels möglich. Zu dem abgegebenen AM gibt es keinen Rabattpartner.“

Ein Einspruch der Apotheke blieb leider erfolglos.

Rahmenvertragsregelung zu Mehrkosten

Im Rahmenvertrag findet sich zur Abrechnung von Mehrkosten in § 11 Abs. 2 und 3 Folgendes:

11 Vorrang der Rabattverträge

„(2) Sind alle rabattierten Arzneimittel, welche nach Absatz 1 auszuwählen wären, bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar, ist die Apotheke zur Abgabe eines gemäß § 2 Absatz 10 lieferfähigen wirkstoffgleichen Arzneimittels nach Maßgabe des § 129 Absatz 1 Satz 2 SGB V berechtigt. Für die Feststellung der Nichtverfügbarkeit ist in Abweichung von § 2 Absatz 11 der Nachweis durch eine Verfügbarkeitsanfrage bei einem Großhandel ausreichend. Die Auswahl richtet sich bei Arzneimitteln nach § 9 Absatz 2 nach den Vorgaben in § 12 und bei Arzneimitteln nach § 9 Absatz 1 nach den Vorgaben in § 13. Kann auch aufgrund dieser Regelungen eine Versorgung nicht erfolgen, kann von den Vorgaben der §§ 2 Absatz 7 Satz 5, 12 Absatz 1 Satz 4, 12 Absatz 2 Satz 1 und 13 Absatz 2 Satz 2 abgewichen werden.

(3) Ist bei einer Abgabe nach Absatz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 SGB V die Mehrkosten. Bezugsgröße für die Bemessung der Zuzahlung nach § 61 Satz 1 SGB V ist der Abgabepreis des Arzneimittels.“

Eine Abrechnung von Mehrkosten zulasten einer GKV ist demnach nur dann möglich, wenn ein Rabattarzneimittel nicht lieferbar ist. Da dies im vorliegenden Fall nicht gegeben war, hätte der Patient in diesem Fall die Mehrkosten zahlen müssen. Obwohl es keine andere Versorgungsmöglichkeit gab, kürzt die Krankenkasse der Apotheke die Erstattung.

Vereinheitlichung der Regelungen wäre wünschenswert

Um Apotheken den Kontroll­aufwand auch unabhängig von der Corona-Pandemie zu erleichtern, wäre es wünschenswert, wenn die Regelungen zur Mehr­kosten­abrechnung verein­heitlicht würden. Solange dies nicht der Fall ist, müssen Apotheken bei der Rezept­belieferung weiterhin wachsam sein und bei Rezepten, bei denen Mehr­kosten fällig werden, besonders sorg­fältig prüfen, wie die Ausgangs­lage ist. Nur wenn es Rabatt­verträge gibt, können die Mehr­kosten im Falle von Liefer­schwierig­keiten der Kranken­kasse in Rechnung gestellt werden. Gibt es keine Rabatt­verträge, muss der Patient für die Mehr­kosten auf­kommen, auch wenn es keine andere Versorgungs­möglichkeit gibt.

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