Diskussion bei Privatrezepten:
Wer bezahlt die Festbetragsdifferenz?

Ab und zu ergeben sich im DAP Retaxforum auch Diskussionen über „Erstattungsprobleme“, die einer der 8.800 Mitglieder von einem Patienten mitgeteilt werden. Hier geht es – wie im vorliegenden Fall – oft um Erstattungskürzungen, die den Privatversicherten treffen. Nicht selten wendet sich solch ein Patient dann (auch oft auf den Rat seiner Kasse) an die Apotheke. Hat die Apotheke nicht bereits bei der Rezeptbelieferung über mögliche Erstattungsprobleme aufgeklärt, entsteht beim Patienten nicht selten der Eindruck, dass die Apotheke einen Fehler gemacht habe. Dies kann mitunter dazu führen, dass die Apotheke – mangels Kenntnis der jeweiligen PKV-Vereinbarung – einen alternativ nach GKV- und SGB-V-Vorschriften korrekt versorgten, aber dennoch verärgerten Patienten verliert.

Der Fall:

Der Versicherte der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten KVB benötigte dringend seine „Asthma“-Medikation „Viani 50 µg/250 µg Diskus Pulver N3 3 x 60 St.“.
Da die gewohnte Medikation vom Hersteller nicht verfügbar war, vermerkte die Apotheke Folgendes auf der Verordnung: „Viani zur Zeit von der Firma nicht lieferbar. Nach Rücksprache mit dem Arzt sollte ersatzweise das wirkstoffgleiche „Atmadisc“ des gleichen Herstellers abgegeben werden.“
Die Verordnung wurde entsprechend den für gesetzliche Kassen gültigen Vorschriften neben dem handschriftlichen Vermerk auch mit der Sonder-PZN 02567024 versehen.

Die private KVB akzeptierte allerdings den höheren Preis des wirkstoffgleichen Atmadisc nicht und kürzte mit Berufung auf ihre Versichertenbedingungen die Erstattung des abgegebenen Atmadisc auf den Festbetrag des verordneten Viani-Präparates in Höhe von 102,74 Euro.

Dies mag zwar aus Sicht der Privatkasse im Verhältnis zu ihrem Versicherten vertragsgemäß gemäß ihrer Tarifstelle 4.1. sein: 

Aus Sicht der Apotheke stand jedoch kein alternatives Medikament zum Preis des Festbetrags zur Verfügung, da ein Austausch gegen das andere Aut-idem-Präparat Rolenium eine Umstellung auf ein anderes Inhalationssystem bedeutet hätte.

Zu beachten ist der Hinweis an Versicherte der KVB:

„Zur Vermeidung hoher Eigenbehalte und rechtzeitiger Prüfung kostengünstigerer Alternativen sollten Sie Ihrem Arzt bzw. Apotheker bei jeder Verordnung/jedem Bezug von Arzneimitteln auf diese Tarifbestimmung hinweisen.“

Solch ein Hinweis durch den Patienten ist in diesem Fall jedoch nicht erfolgt, wodurch dem versorgenden Apotheker auch kein „Verschulden“ an der Berechnung der bei der KVB nicht erstattungsfähigen Festbetragsaufzahlung anzulasten ist.

Die Forderung der Krankenkasse, der Versicherte solle sich die Mehrkosten zum Festbetrag von der Apotheke zurückerstatten lassen, wäre allerdings ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung.

Wenn die KVB von den Apotheken erwartet, dass diese ihre Versorgungskriterien gemäß Tarifstelle 4.1. beachten, so müsste sie dies

  • im rechtlich zulässigen Rahmen mit dem Apothekerverband vereinbaren,
  • für eine entsprechende Darstellung in der Apotheken-EDV sorgen,
  • Ausnahmekriterien zulassen, damit ihre Versicherten auch bei Festbetragslieferproblemen versorgt werden können,
  • und den damit verbunden Kostenaufwand entsprechend vergüten.

Wie der verärgerte Patient seiner Apotheke mitteilte, wurde ihm jedoch lediglich mitgeteilt, „er solle sich das Geld (Aufzahlung auf den Festbetrag) von der Apotheke zurückholen“.

Tipp eines Kollegen an seine Kolleg/innen aus dem Retaxforum: 

„Ich sage gewöhnlicherweise während der Belieferung direkt und unmissverständlich, dass die private Krankenversicherung (allen voran zumeist die Beamten-Beihilfe) die Bezahlung des Austausch-Medikaments nicht vollständig übernehmen wird und der Patient voraussichtlich auf einem Betrag von wahrscheinlich XY Euro sitzen bleiben wird. Dann habe ich das vorher geklärt.“

Damit ein entsprechender Hinweis auch während der Beratung durch die EDV angezeigt wird möchten wir auch den ergänzenden Tipp eines weiteren Forumsmitglieds nicht vorenthalten: 

„Wir haben auch Beihilfeberechtigte, bei denen die private Krankenkasse die Beträge übernimmt, die die Beihilfe nicht zahlt – und zwar alle. Diesen Versicherten sind die Mehrkosten egal.

Da wir jedoch um dieses Problem wissen, haben wir bei ADG den Hinweis auf Festbeträge und ggf. anfallende Mehrkosten bei Privatrezepten aktiviert. So hat der Bediener immer einen Hinweis auf diese Mehrkosten und kann das im Gespräch mit dem Patienten klären.

Vielleicht informieren Sie, lieber Herr Drinhaus, in Ihrem Artikel auch über diese Hinweismöglichkeit in der Software – möglicherweise kennt das nicht jeder. “

Folgendes sollte also bei der Belieferung von Privatrezepten berücksichtigt werden:

  • Nicht jede private Krankenkasse erstattet die Differenz, um die ein Arzneimittel den Festbetrag übersteigt.
  • Der Versicherte sollte bei entsprechenden Arzneimitteln darauf hingewiesen werden, dass möglicherweise eine Kürzung der Erstattung die Folge sein könnte.
  • Dies gilt vor allem dann, wenn das abgegebene Arzneimittel teurer ist als das ursprünglich verordnete.
  • Einige EDV-Programme geben Hinweise auch bei Privatrezepten, wenn bei einem Arzneimittel Mehrkosten anfallen.

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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