BtM-Verordnung als Hürdenlauf

Obwohl das DAP gerade den BtM-Verordnungen einen sehr hohen Stellenwert in den Serviceangeboten einräumt, erreichen das DAP-Retaxforum immer wieder Anfragen zur korrekten Versorgung dieser Verordnungen. Gerade bei der BtM-Verordnung und deren Versorgung sind eine Vielzahl von Vorschriften zu beachten, die sich als besonders problematisch erweisen, wenn diese nicht bereits vom Verordner beachtet werden. Einerseits sind alle Vorschriften sehr genau einzuhalten, andererseits will die Apotheken natürlich gerade den BtM-Schmerzpatienten zusätzliche Arztbesuche zur Rezeptänderung ersparen, wenn diese vermeidbar sind.

Als Beispiel mag nachfolgende BtM-Verordnung dienen, die in der Apotheke zahlreiche Probleme verursachte:

Krankenkasse: AOK Bayern (IK 108310400)
Verordnung:Norspan 5 Mikrogramm/h, 4 PFT (N1), [Reimport]
Abgabedatum:02.11.2016

Problem 1: Druck der Patienten-, Arzt- und Krankenkassenangaben unvollständig, verschoben und teilweise überdruckt

Der verschobene Rezeptdruck macht in der Rezeptabrechnung verständlicherweise Probleme, da die ärztl. aufgedruckten Angaben EDV-mäßig nicht mehr korrekt zugeordnet werden können, was eine aufwändige Einzelerfassung in der Apotheke und deren Abrechnungszentrum erforderlich macht. Diese Angaben darf die Apotheke lesbar wiederholen.

Problem 2: Gebührenstatus fehlt

Da der Gebührenstatus der langjährigen Patientin der Apotheke bekannt ist und durch aktuell vorgelegte Nachweise belegt ist, darf die Apotheke den Gebührenstatus nachtragen und mit ihrer Unterschrift bestätigen. Hierzu:

2 (5) ALV Bayern

„(5) […] Eine vom Vertragsarzt als gebührenpflichtig oder nicht eindeutig als gebührenfrei gekennzeichnete Verordnung darf vom Apotheker nur dann als gebührenfrei behandelt werden, wenn der Versicherte eine am Tage der Abgabe gültige Bescheinigung der Krankenkasse über die Befreiung von der Arzneimittelzuzahlung nach § 31 Abs. 3 SGB V vorlegt; der Apotheker hat in diesem Fall unter Angabe seines Namenszeichens das Feld „Gebühr frei“ anzukreuzen und ggf. das Feld „Gebühr pflichtig“ zu korrigieren.“

Problem 3: Verordnungsdatum korrigiert, Bestätigungsstempel belegt aber Taxfeld

Ein fehlendes oder offensichtlich falsches Verordnungsdatum dürfte gem. § 3 (2) e ALV Bayern sogar in Rücksprache durch die Apotheke ergänzt werden:

3 (2) e ALV Bayern

„Datum der Ausstellung der Verordnung durch den Vertragsarzt; ein fehlendes oder ein offensichtlich falsches Ausstellungsdatum darf vom Apotheker aufgrund einer Rücksprache mit dem Vertragsarzt ergänzt bzw. korrigiert werden. Das Ergebnis der Rücksprache hat der Apotheker auf dem Verordnungsblatt zu vermerken.“

Dies ist hier nicht nötig, da der Arzt seine erkennbar vordatierte Verordnung (10.11.2016) selbst korrigiert und für den 01.11.2016 bestätigt hat. Durch die Bestätigung seiner Datumsänderung hat der Arzt jedoch einen zweiten Stempel direkt über das Taxfeld der Apotheke angebracht, was zusätzliche Probleme bei der Taxierung verursacht.

Problem 4: Unbestimmte Importverordnung [Reimport]

Da vielen Apotheken das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 07.01.2014 noch in Erinnerung ist, bei dem das Gericht verfügte, dass ein gesetztes Aut-idem-Kreuz auch gegen bestehende Rabattverträge zu beachten ist, ergeben sich – selbst bei nicht gesetztem Aut-idem-Kreuz – immer noch Nachfragen, wenn ein Arzt ausdrücklich ein Importpräparat verordnet hat.

Mittlerweile haben fast alle GKV-Kassen klargestellt, dass es sich nach ihrer Meinung bei dem Urteil um eine Einzelfallentscheidung handelt, und dass Rabattverträge beim Import/Originalvergleich immer vorrangig abzugeben sind, egal ob der Arzt ein Aut-idem-Kreuz gesetzt hat, oder nicht.

Original und bezugnehmender Import gelten somit vertraglich als identisches Arzneimittel, wobei vorrangige Rabattverträge zu beachten sind. Ausnahmen gibt es nur, wenn ein Regionalvertrag oder der vdek-Vertrag eine abweichende Versorgung erlaubt, wenn der Arzt eine Importabgabe ausdrücklich z. B. durch einen zusätzlichen Vermerk untersagt hat. Diese Vorgabe nach § 3 (24) Arzneimittelversorgungsvertrag Bayern trifft hier jedoch nicht zu, da der Arzt weder PZN-bezogen ein bestimmtes Importarzneimittel verordnet hat, noch dessen Austausch durch einen zusätzlichen Vermerk ausdrücklich ausgeschlossen hat:

3 (24) Arzneimittelversorgungsvertrag Bayern

„(24) Hat der Vertragsarzt ein Fertigarzneimittel unter seinem Produktnamen und/oder seiner Pharmazentralnummer unter Verwendung des Aut-idem-Kreuzes verordnet, ist dies im Verhältnis von importiertem und Bezugsarzneimittel mangels arzneimittelrechtlicher Substitution unbeachtlich. Dies gilt nicht, wenn der Arzt vermerkt hat, dass aus medizinisch-therapeutischen Gründen kein Austausch erfolgen darf.

Problem 5: Mittel der Substitutionsausschlussliste

Auch die Substitutionsausschlussliste schließt die Versorgung dieser Verordnung mit dem rabattierten Originalpräparat nicht aus. Zwar steht der Wirkstoff „Buprenorphin“ seit dem 01.08.2016 in Teil B der Anlage VII der Arzneimittel-Richtlinie, dennoch ist der Austausch nur gegen Präparate untersagt, die eine abweichende Applikationsdauer aufweisen. Letzteres ist jedoch beim hier vorliegenden Original/Importvergleich nicht der Fall.

Das für die AOK rabattierte Originalpräparat des Erstanbieters Grünenthal ist daher bevorzugt abzugeben (Zeile 1 mit Rabattsymbol „%“):

Angesichts der komplexen Vorschriftenverzahnung und des dadurch verursachten Versorgungsaufwandes, ist der Ärger der ApothekerInnen mehr als verständlich, wenn sie in manchen Medien lesen müssen, dass sich die BtM-Rabattverträge mittlerweile eingespielt hätten, diese keinen zusätzlichen Aufwand mehr verursachen würden und daher auch keine Vergütungsanpassung rechtfertigen würden.

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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