Abgelehnte Einsprüche gegen Pharmazeutische Bedenken können erneut erhoben werden.

Sie erinnern sich sicher an die zahlreichen Retaxationen wegen angeblich nicht ausreichend begründeter Pharmazeutischer Bedenken, durch die in der Vergangenheit besonders die Rezeptprüfung der DAK aufgefallen ist. Selbst plausible pharmazeutisch-medizinisch begründete Abgaben wurden nicht anerkannt, wenn neben der Sonder-PZN 02567024 und dem Faktor 6 eine zusätzliche handschriftliche Begründung fehlte. Nachträglich beigebrachte Begründungen bzw. ärztl. Bestätigungen wurden nicht mehr akzeptiert.

Diese Retaxationen wurden selbstverständlich auch den zuständigen Apothekerverbänden mitgeteilt, was letztlich im November 2015 zu dem „Entgegenkommen“ der DAK führte, dass wenigstens die im Schlüssel-Faktor „6“ der Sonder-PZN ohnehin enthaltene Begründung „Pharmazeutische Bedenken“ auf der Verordnung nochmals handschriftlich vermerkt werden musste, um künftig eine Retax zu vermeiden. Bereits diesbezüglich erfolgte Retaxationen konnten laut Mitteilung der DAK nicht automatisch wieder gutgeschrieben werden – betroffene Apotheken mussten sich selbst bei der Krankenkasse melden.

Erst die Neufassung des § 3 Rahmenvertrag vom 1. Juni 2016 im Zuge des Schiedsverfahrens schaffte unter Absatz 1 Ziffer 7. c. klare und umsetzbare Vorgaben:

„Der Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […] es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn […] die Apotheke in den Fällen des § 4 Abs. 2 Satz 2 (Nichtverfügbarkeit), des § 4 Abs. 3 Satz 1 und 2 (Akutversorgung, Notdienst) sowie des § 4 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 17 Abs. 5 ApBetrO (pharmazeutische Bedenken) dieses Vertrages
(a) entweder nur das vereinbarte Sonderkennzeichen oder
(b) nur einen Vermerk auf der Verordnung aufträgt oder
(c) im Fall, dass Vermerk und Sonderkennzeichen auf der Verordnung fehlen, einen objektivierbaren Nachweis im Beanstandungsverfahren erbringt […].“

Aber auch diese neue Vertragsregelung wurde zunächst von der DAK nicht anerkannt, wenn es sich um eine Retaxation handelte, deren Arzneimittelabgabe bereits vor dem 1. Juni 2016 erfolgte. Daher musste der DAV erneut das Schiedsgericht anrufen und um eine Klarstellung der rückwirkenden Gültigkeit bitten. Mit Erleichterung konnte die Apothekerschaft die Klarstellung des Schiedsgerichts lesen, dass die Neuregelung des Rahmenvertrags gemäß § 129 SGB V auch rückwirkend für alle Versorgungen nach dem 23. Juli 2015 anzuwenden ist.

Wir hatten bereits darauf hingewiesen, dass auch hier keine automatische Gutschrift der Retaxationen durch die Krankenkasse erfolgt, sondern dass die betroffenen Apotheken selbst nochmals Einspruch erheben müssen.

Dass es sich durchaus lohnt, auch bereits früher abgelehnte Einsprüche erneut zu erheben, zeigt die Nachricht einer betroffenen Kollegin aus dem DAP-Retaxforum an Ihre KollegInnen.

Diese Verordnung wurde trotz Einspruch zunächst nicht erstattet. Es fällt auf, dass diese Einspruchsablehnung am 15. November 2016 erfolgte, also genau dem Tag, an dem der unabhängige Vorsitzende der Schiedsstelle, Dr. Rainer Hess öffentlich mitteilte, dass der einvernehmliche Schiedsentscheid – festgehalten im Rahmenvertrag vom 1. Juni 2016 – rückwirkend für alle Abgaben ab dem 23. Juli 2015 anzuwenden ist.

Auch wenn es nur um kleinere Beträge geht, können ApothekerInnen des DAP-Retaxforums sehr hartnäckig sein, wenn sie eine Retax als ungerechtfertigt empfinden. Daher hat die betroffene Kollegin erneut Einspruch eingelegt und explizit auf die rückwirkende Gültigkeit des neuen Rahmenvertrags hingewiesen.

Dem konnte sich die DAK Rezeptprüfstelle nicht länger verschließen: Dem erneuten Einspruch wurde am 26. Januar 2017 stattgegeben:

Fazit

Dass das Fehlen der im neuen § 3 (1) 7. c. Rahmenvertrag beschriebenen Vorgaben letztlich nicht mehr eine Retax berechtigt, sollte nicht dazu verleiten auf eine handschriftliche Begründung zu verzichten, denn gemäß § 4 (3) des gleichen Rahmenvertrags ist immer noch der Grund der Nichtabgabe eines rabattierten Arzneimittels auf der Verordnung zu vermerken:

„Ist ein rabattbegünstigtes Arzneimittel in der Apotheke nicht verfügbar und macht ein dringender Fall die unverzügliche Abgabe eines Arzneimittels erforderlich (Akutversorgung, Notdienst), hat die Apotheke dies auf der Verschreibung zu vermerken, das vereinbarte Sonderkennzeichen aufzutragen und ein Arzneimittel nach den Vorgaben des Absatzes 4 abzugeben; das Nähere zu dem vereinbarten Sonderkennzeichen ist in der Arzneimittelabrechnungsvereinbarung nach § 300 SGB V (Technische Anlagen 1 und 3) geregelt. Gleiches gilt in Fällen des § 17 Absatz 5 Apothekenbetriebsordnung. [Anm.: Pharmazeutische Bedenken].“

Zudem empfiehlt es sich, diesbezüglich retaxierte Abgaben nach dem 23. Juli 2015 erneut zum Einspruch einzureichen.

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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