5.000-Euro-Retax aufgrund vergessener Arztunterschrift

Während mit dem ALBVVG einige Retaxationen zukünftig unter­bunden werden, bleibt es dabei, dass die klassischen Rezept­formalien durch die Apotheke zu prüfen sind. Gemäß § 129 Abs. 4d SGB V werden verschiedene Retaxationen ausge­schlossen.

129 Abs. 4d SGB V in der Fassung des ALBVVG

„Unabhängig von den nach Absatz 4 Satz 2 erster Halb­satz in dem Rahmen­ver­trag nach Absatz 2 getrof­fenen Regel­ungen ist eine Retaxation aus­ge­schlossen, wenn

  1. die Dosier­angabe auf der Verordnung fehlt,
  2. das Ausstellungs­datum der Verordnung fehlt oder nicht lesbar ist,
  3. die vom Gemeinsamen Bundes­aus­schuss in den Richt­linien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 fest­ge­legte Belieferungs­frist von Ver­ordnungen um bis zu drei Tage über­schritten wird, es sei denn es handelt sich um Ver­ordnungen nach § 39 Absatz 1a, Ver­ordnungen von Betäubungs­mitteln oder Ver­ordnungen von Wirk­stoffen, für die kürzere Belieferungs­fristen fest­gelegt sind,
  4. die Abgabe des Arznei­mittels vor der Vorlage der ärztlichen Verordnung erfolgt oder
  5. die Genehmigung der zuständigen Kranken­kasse bei Abgabe des Arznei­mittels fehlt und diese nach­träglich erteilt wird.

Sofern entgegen Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder Satz 3 eine Ersetzung des ver­ordneten Arznei­mittels nicht erfolgt oder die nach Absatz 2a Satz 2 vorge­sehenen Verfügbar­keits­anfragen ganz oder teil­weise nicht vorge­nommen wurden, ist eine Retaxation des abge­gebenen Arznei­mittels ausge­schlossen; in diesen Fällen besteht kein Anspruch der abge­benden Apotheke auf die Vergütung nach § 3 Absatz 1 Satz 1 der Arznei­mittel­preis­ver­ordnung.“

Für den Fall, dass die Apotheke bei der Abgabe den Rabatt­vertrag nicht beachtet oder ein Aus­tausch eines preis­günstigen Arznei­mittels nicht vorge­nommen wurde (§ 129 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 SGB V), sollen Retaxationen eben­falls ausge­schlossen werden. In diesen Fällen entfällt für die Apotheke aller­dings der Anspruch auf den Zuschlag nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV. Das ALBVVG wurde am gestrigen 26.07.2023 im Bundes­gesetz­blatt veröffentlicht und die Artikel, die das Retax­verbot betreffen, traten schon am Folge­tag – also heute – in Kraft.

Arztunterschrift ist unerlässlich

Es bleibt jedoch dabei, dass die Arzt­unter­schrift uner­lässlich ist – was sicherlich auch sinn­voll ist. Dennoch kennt jeder, der in der Apotheke arbeitet, Fälle, in denen zwar der Arzt­stempel auf dem Rezept aufge­bracht wurde, die Unter­schrift aber fehlt. Dies wurde auch einer Apotheke zum Verhängnis, die sich hilfe­suchend an das DAP wendete: Sie hatte ein Sprech­stunden­bedarfs­rezept über insgesamt 80 Impf­dosen Vaxigrip Tetra 2022/2023 sowie 90 Impfdosen Efluelda 2022/2023 im Wert von knapp 5.000 Euro an die Arzt­praxis geliefert, aber dabei über­sehen, dass die Arzt­unter­schrift fehlte. Im Nach­gang folgte die Retax in voller Höhe.

Erfahrungs­gemäß hat ein Ein­spruch in solch einem Fall wenig Aus­sicht auf Erfolg, da diese zentrale Vorgabe nicht nur in den Arznei­liefer­ver­trägen, sondern auch in § 2 Abs. 1 Punkt 10 der Arznei­mittel­verschreibungs­verordnung verankert ist:

2 Abs. 1 Punkt 10 AMVV

„Die Verschreibung muss enthalten:
[…]
10. die eigenhändige Unterschrift der verschreibenden Person oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, deren qualifizierte elektronische Signatur.“

Aufgrund der Höhe der Retax könnte die Apotheke nur auf die Kulanz der Krankenkasse hoffen und ein Schreiben des Arztes beilegen, in dem er bestätigt, dass er leider die Unterschrift vergessen hat, die Verordnung aber in dieser Form gewollt war und er die Impfstoffe natürlich erhalten hat. Wie die Krankenkasse letztlich damit umgeht, bleibt abzuwarten, denn hier ist sie klar im Recht.

Daher sollten Apotheken weiterhin genau darauf achten, dass die Grundformalien wie Arztunterschrift auf dem Rezept vorhanden sind, am besten in doppelter Kontrolle einmal bei der Rezeptbelieferung und in weiterer Rezeptprüfung, bevor das Rezept in die Abrechnung gelangt.

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