Unberechtigte Retaxation zweier Verordnungen aufgrund unwirtschaftlicher Abgabe

Es gibt Retaxationen, da erschließt sich der prüfenden Apotheke über­haupt nicht, warum diese Retax ausge­sprochen wurde. Geht es dann noch um hoch­preisige Arznei­mittel, so bleibt neben dem wirtschaftlichen Einschnitt ein Kopf­schütteln und einiges an Papier­kram, denn nun ist es die Aufgabe der Apotheke, der Kranken­kasse zu erklären, warum die Absetzung zu Unrecht erfolgte.

Fall Kisqali: drei Packungs­größen – ein Preis

Eine Apotheke berichtete uns von einer Retax, bei der zwei am selben Tag in der Apotheke vorge­legte Kisqali-Verordnungen jeweils auf null retaxiert wurden. Verordnet war auf einem Rezept „Kisqali 200 mg FTA 21 St. N1 PZN 12743344 >>Dj<<“. Auf einem weiteren Rezept verordnete derselbe Arzt „Kisqali 200 mg FTA 42 St. PZN 12673164 >>Dj<<“. Zum Abgabe­zeit­punkt gab es keine vorrangig abzu­gebenden Rabatt­arznei­mittel und keiner der im Handel befindlichen Importe erfüllte die Vorgaben, um als preis­günstig im Sinne des Rahmen­vertrags zu gelten. Daher gab es für die Apotheke keine Veranlassung und auch keine vertragliche Verpflichtung, die verordneten Arznei­mittel auszu­tauschen. Die Kranken­kasse monierte aber in der Retax­begründung eine „unwirtschaftliche Abgabe (zum Beispiel Abgabe unwirtschaftlicher Packungs­größen)“.

Um diese Vorgehensweise überhaupt ansatzweise nachvollziehen zu können, muss man sich die Preisgestaltung bei Kisqali genauer anschauen. Es gibt drei Packungsgrößen im Markt, die alle zum gleichen VK abgegeben werden:

Offenbar war die retaxierende Kranken­kasse der Meinung, dass die Apotheke die auf zwei Rezepten verordneten unter­schiedlichen Packungs­größen zu einer großen Packung mit 63 Stück hätte zusammen­fassen müssen.

Doch dies wäre der Apotheke nach den Vorgaben des Rahmen­vertrags nicht erlaubt gewesen! Erstens müssen abge­gebene Arznei­mittel dem ärztlich verordneten entsprechen, sofern es keine Vorgaben für einen Austausch gibt. Dies ist in § 7 Abs. 4 Rahmenvertrag festgelegt:

7 Abs. 4 Rahmenvertrag

„Das abzugebende Arznei­mittel hat dem ärztlich verordneten Arznei­mittel zu entsprechen, sofern das Gesetz, dieser Rahmen­vertrag oder ergänzende Verträge nach § 129 Absatz 5 SGB V keine abweichenden Regelungen vorsehen. Das abge­rechnete Arznei­mittel hat dem abge­gebenen Arznei­mittel zu entsprechen.“

Zweitens müssen Packungen gemäß § 8 Abs. 1 Rahmen­vertrag wie verordnet abge­geben werden. Selbst wenn die beiden Packungen auf einem Rezept gestanden hätten, hätte die Apotheke diese zeilen­weise abrechnen müssen – so sieht es der Rahmen­vertrag eindeutig vor:

8 Abs. 1 Rahmenvertrag

„Enthält eine papiergebundene Verordnung mehrere Verordnungs­zeilen, ist jede Verordnungs­zeile einzeln zu betrachten. Verordnungen sind mit der jeweils verordneten Anzahl von Packungen zu beliefern.“

Des Weiteren gilt der Grundsatz, dass eine Apotheke auf ein Rezept nicht mehr als die verordnete Menge abgeben darf (eine Ausnahme besteht nur dann, wenn innerhalb eines N-Bereiches mehrere Stückzahlen zur Auswahl stehen). Hätte die Apotheke auf eine der Verordnungen die große Packung abgegeben, hätte sie eindeutig die verordnete Menge überschritten. Die Abgabe der großen Packung hätte daher nur auf Basis einer durch den Arzt geänderten Verordnung erfolgen dürfen.

Daher ist diese Retaxation nach dem Einspruch der Apotheke in jedem Fall zurückzunehmen!

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