Stückeln zu einer wirtschaftlichen N3-Packung oder nicht?

Bevor der aktuelle Rahmen­vertrag im Juli 2019 in Kraft trat, gab es regelmäßig Retaxationen, wenn Apotheken bei Verordnung zweier kleiner Packungen nicht prüften, ob es möglicher­weise eine größere, günstigere Packung gab. Das führte dann zu interes­santen Auswüchsen, denn es gab dann auch Fälle, wo die beiden kleineren Packungen rabat­tiert waren, die größere aber nicht. Hier wurde dann gerne retaxiert, wenn die größere, unrabattierte Packung abgegeben wurde. Umgekehrt drohte eine Retax, wenn zwei kleine Packungen nicht gegen eine wirtschaftliche größere Packung ausge­tauscht wurden. Die Unsicherheit war groß und das Klärungs­be­dürfnis dahin­gehend ebenso.

Im neuen Rahmenvertrag wurde daher eine eindeutige Regelung geschaffen, die in § 8 Abs. 1 definiert ist:

8 Packungsgrößen

„(1) Enthält eine papier­ge­bundene Verordnung mehrere Verordnungs­zeilen, ist jede Verordnungs­zeile einzeln zu betrachten. Verordnungen sind mit der jeweils verordneten Anzahl von Packungen zu beliefern.“

Dies bedeutet:

Wenn ein Arzt auf einem Rezept mehrere kleine Packungen eines Arznei­mittels verordnet, so sind diese so wie verordnet abzugeben. Es muss nicht geprüft werden, ob es eine größere Packung gibt, die möglicher­weise günstiger wäre. Auch die Rabatt­vertrags­lage ist dabei unerheblich – ohnehin kann die Apotheke nicht erkennen, ob es günstiger ist, zwei kleine rabattierte Packungen eines Arznei­mittels oder eine große nicht rabattierte Packung des gleichen Arznei­mittels abzugeben. Grundsätzlich hat aber laut § 11 Rahmen­vertrag die Abgabe von Rabatt­arznei­mitteln Vorrang, wenn es um den Vergleich aut-idem-konformer Präparate geht.

Beispiel:

Der Arzt verordnet 2 x 50 St. N2 eines Arznei­mittels. Im Handel gibt es auch eine 100er-Packung als N3, die günstiger wäre. Dennoch muss die Apotheke zweimal die 50er-Packung abgeben.

Dies gilt sowohl dann, wenn 2 x 50 St. in einer Zeile verordnet werden, als auch dann, wenn pro Verordnungs­zeile auf dem Rezept 1 x 50 St. verordnet sind.

Achtung Zuzahlung

Hinsichtlich der Zuzahlung kann diese Regelung für den Patienten ungünstig sein, denn er muss die anfallende Zuzahlung pro Packung leisten. Bei der Verordnung mehrerer kleiner Packungen kann also in vielen Fällen die Zuzahlung höher ausfallen, als dies bei Verordnung einer großen Packung der Fall wäre. Doch hier sind der Apotheke nun die Hände gebunden, sie kann nicht automatisch die größere Packung abgeben, um dem Patienten die höhere Zuzahlung zu ersparen. Liegt solch ein Fall vor, bleibt nur, den Arzt um ein angepasstes Rezept zu bitten – dies ist für Folgeverordnungen dann ohnehin empfehlenswert, dann kommt es bei weiteren Rezepten nicht erneut zu Schwierigkeiten.

Dennoch Retaxationen?

Aufgrund der aktuellen Sachlage im Rahmenvertrag sollten beim Thema Stückeln eigentlich keine Retaxationen mehr vorkommen. Dennoch berichtete uns kürzlich eine Apotheke von folgendem Sachverhalt:

Mitteilung der Apotheke

„Auf einem Rezept wurde in einer Zeile 2 x Ramipril 2,5 mg 50 St. verordnet.

Laut Rücksprache mit dem Apotheker­verband sind 2 Packungen zu je 50 St. abzu­geben.

Die Kranken­kasse hat uns das Rezept auf den Wert einer 100-St.-Packung retaxiert.

Wie muss das Rezept beliefert werden?

Wie verhält es sich, wenn die Verordnung von 2 x 50 St. auf zwei Zeilen geschrieben ist?“

Leider wurde uns nicht mitgeteilt, welche Kranken­kasse hier retaxierte und welcher exakte Grund genannt wurde. So konnten wir der Apotheke nur folgende Antwort geben:

  • Die vorliegende Verordnung musste wie verordnet mit 2 x 50 St. Ramipril 2,5 mg beliefert werden, der Austausch auf eine 100er-Packung ist nach § 8 Abs. 1 Rahmen­vertrag eindeutig nicht zulässig.
  • Die Retaxation ist daher zurück­zu­nehmen!
  • Wie oben beschrieben ist es dabei uner­heblich, ob der Arzt die beiden kleinen Packungen in einer Zeile verordnet hat oder ob die Packungen in zwei einzelnen Zeilen unter­einander­stehen.

Fazit

Offenbar gibt es (selten) weiterhin Retaxationen aufgrund der eigentlich längst veralteten Stückelungs­problematik. Falls Ihnen solche Fälle vorliegen, sollten Sie mit den oben vorgestellten Argumenten Einspruch erheben – gerne stellen wir Ihre Retaxs­fälle auch im Retax-Newsletter vor, dies stützt einen Einspruch häufig und warnt Ihre Kolleginnen und Kollegen vor ähnlichen Retaxs­fallen.

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