„Rezeptgebühr“: Probleme bei Corona-Stückelung und Teilmengenabgabe (Teil 2: Teilmengenabgabe)

Da ich mit der Wortwahl „Rezeptgebühr“ in Teil 1 wohl eine Kollegin verärgert habe, bitte ich um Nachsicht, dass ich bei zwei zusammenhängenden Beiträgen nicht in Teil 2 der Überschrift das Wort „Rezeptgebühr“ gegen „Zuzahlung“ austauschen möchte. Zumal der Begriff „Rezeptgebühr“ bei unseren Kunden (oder Patienten?) gebräuchlicher und verständlicher ist als der Begriff „Zuzahlung“, der ja auch andere Mehrkosten – für die es leider keine generelle einkommensabhängige Befreiungsmöglichkeit gibt – beinhalten kann. Dass unsere Kunden sehr wohl zwischen Rezeptgebühr und Zuzahlung unterscheiden und auch wissen, dass die Apotheke hier lediglich als Inkassostelle der Krankenkassen fungiert, ist vorrangig der Aufklärungsarbeit in den öffentlichen Apotheken zu verdanken.

Nachdem wir in Teil 1 die Zuzahlung bei Stückelungen nach der neuen SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung (SARS-CoV-2-AMVersVO) behandelt haben, möchte ich heute auf die noch komplexere Regelung und Umsetzung bei Teilmengenabgaben eingehen.

Und auch die Apothekerverbände – nachfolgend der Bayerische Apothekerverband – haben mitgeteilt, dass die Zuzahlungen bei Stückelung und Teilmengenabgaben zu erheben sind und wie dabei vorzugehen ist:

Obige Anleitung entspricht der Vereinbarung zwischen dem DAV und den GKV-Kassen vom 22.04.2020.

Die Umsetzung in unserer Apotheken-EDV stellt sich folgendermaßen dar:

Fiktives Verordnungsbeispiel:  Metohexal 100 30 Tbl. N1 PZN 06178360

Unsere Verordnung ist in der Apotheke nicht gebräuchlich und daher das entsprechende Arzneimittel nicht lagervorrätig. Zudem ist diese Packungsgröße in unserem fiktiven Beispiel auch nicht lieferbar.

Lagervorrätig ist jedoch die – ebenfalls rabattierte – gebräuchliche 100er-Packung:

Um dem Patienten einen weiteren Kontakt zu ersparen und ihn sofort zu versorgen, entnimmt die Apotheke die verordneten 30 St. aus der vorrätigen 100er-Packung gemäß SARS-CoV-2-AMVersVO, vermerkt die vorgeschriebene Sonder-PZN und versorgt den Patienten. Hierzu nennt der Vertrag zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem DAV für die Erstabgabe folgende Vorgaben:

Da es bei der Umsetzung dieser Vorgaben auch Konflikte mit anderen Vorschriften und somit auch mit der Apotheken-EDV und den securPharm-Vorschriften gibt, muss die Apotheke hier häufig manuell eingreifen, falls die EDV-Systeme dies überhaupt zulassen.

Da nur eine 30er-Packung verordnet ist, ergibt dies für den Patienten die Zuzahlung in Höhe von 5 Euro, die auch für eine 30er-N1 angefallen wäre. Die GKV bezahlt jedoch bei der ersten Teilmengenabgabe den Preis der vollständigen 100er-Packung, aus der die Teilmenge entnommen wurde, damit der Apotheke kein Schaden entsteht, falls später keine weiteren Teilmengen mehr verordnet werden und die verbliebene Anbruchpackung mit 70 St. nicht mehr verwendet werden könnte. Auch aus Gründen der Arznei­mittel­sicherheit bei eventuellen späteren Rückruf-Aktionen ist es sinnvoll, dass die Anbruch­packung sowohl bei der ersten als auch der zweiten Teil­mengen­abgabe aufgedruckt wird.

Und hier der Druck dieser ersten Teilmengenabgabe mit der Apotheken-EDV:
  • Taxzeile 1 (rot):
    PZN der angebrochenen 100er-Packung 03852991 mit ihrem VK 13,48 Euro
  • Taxzeile 2 (grün):
    Sonder-PZN Erstabgabe 06461127  mit Preisangabe „0“

Abgegeben wurden die verordneten 30 St. gem. SARS-CoV-2-AMVersVO.

Der Patient erhält die verordneten 30 St. mit kopiertem „Beipackzettel“, der Erklärung durch die Apotheke, und bezahlt die üblichen 5 Euro. Die Original-Packungsbeilage sollte in der besonders gekennzeichneten Anbruchpackung verbleiben, da diese für eventuelle weitere Corona-Abgaben in Kopie benötigt würde.

Aus der angebrochenen Großpackung darf die Apotheke weitere Teilmengen abgeben, falls erneut eine 30er-Packung oder eine 50er-Packung verordnet werden sollte.
In jedem Fall blieben bei diesem Verordnungsbeispiel 10 bzw. 20 Tabletten übrig, die nicht mehr abgegeben werden können und somit den Arzneimittelmüll vergrößern, da nur 30er-, 50er- oder 100er-Packungen im Handel sind.

Abgabe einer zweiten Teilmenge aus der „angebrochenen“ 100er-Packung

Bei der Abgabe muss der Patient mit einer vorbereiteten Kopie des Beipackzettels versorgt werden und es empfiehlt sich, auch eine Kopie der Verordnung zu archivieren, damit später noch überprüft werden kann, ob 30 oder 50 Tabletten abgegeben wurden.

Für eine zweite Teilmengenabgabe, z. B. bei Eingang einer erneut verordneten 30-St.-Packung, sieht der Vertrag zwischen GKV-Spitzenverband und DAV nun folgendes Vorgehen vor:

Der Wert im Feld „Taxe“ beträgt derzeit aufgrund der reduzierten Mehrwertsteuer 6,73 Euro!

In der EDV wählen wir die Sonder-PZN 06461133 für die weitere Abgabe einer Teilmenge aus:

Nicht ganz so einfach gestaltet sich die Vorschrift, den Taxpreis der angebrochenen 100er-Packung 03852991 auf „0“ zu ändern. Dies gelingt mir nur auf Umwegen, hat aber eine Warnmeldung zur Folge:

Denn Preise von rezeptpflichtigen Arzneimitteln sind gesetzlich vorgegeben und zu Recht nicht beliebig änderbar.

Und nachfolgend die Kopie der korrekten Rezeptbedruckung der zweiten Teilmengenabgabe:
  • Taxzeile 1 (rot):
    PZN der angebrochenen, bereits bei der ersten Teilmengenabgabe abgerechneten 100er-Packung ohne Preisberechnung
  • Taxzeile 2 (grün):
    Sonder-PZN für die zweite Teilmengenabgabe mit dem Taxpreis 5,80 Euro plus derzeit gültige MwSt. von 16 % = 6,73 Euro

Ebenso problematisch ist die Verbuchung im securPharm-System, da die 100er-Packung ja schon bei der Erstabgabe von securPharm ausgebucht und auf „0“ gesetzt wurde und eine Packung, die nicht mehr vorhanden ist, nicht erneut abgegeben und verbucht werden kann:

Aufgrund der komplexen und teilweise nur schwer mit der Apothekensoftware und securPharm zu vereinbarenden Vorschriften stößt diese gut gemeinte Regelung nicht bei allen versorgenden Apotheken auf Verständnis.
Bei der standespolitischen Forderung, diese „Corona-Ausnahmen“ auch nach Ende der Pandemie beizubehalten, sollte vorab eine Anpassung der Praktikabilität unter allen Beteiligten diskutiert und erarbeitet werden, denn nicht immer ist gut gemeint auch gut gemacht.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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