Billig, billiger, Apotheke. Was ist uns eine Rezepturabfüllung wert?

Wir alle mussten in den letzten Wochen lesen, welches Unglück sich kürzlich in einer Kölner Apotheke bei der Anfertigung von Glucose-Abfüllungen ereignete. Eine Schwangere und ihr per Notkaiserschnitt entbundenes Baby mussten die Einnahme einer mit Lidocainhydrochlorid verunreinigten Glucose mit ihrem Leben bezahlen.

In den Medienberichten wurde auch die Tatsache diskutiert, dass eine im Handel gelistete Fertigarznei von den gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet wird, da die Herstellung durch öffentliche Apotheken deutlich günstiger ist.

Diese Verordnungseinschränkung als „unwirtschaftlich“ wurde auch in den Sprechstundenbedarfsvereinbarungen der Ärzteschaft festgehalten:

Abb.: Sprechstundenbedarfsvereinbarung Bayern

Wie die Abbildung zeigt, gilt dieses „Verordnungsverbot“ auch für andere Toleranztests, wie z. B. den Lactose-Toleranztest.

Und hierbei handelt es sich nicht nur um Empfehlungen, denn diese Vorschriften werden – wie die nachfolgende Retaxation zeigt – auch retaxiert. Dies trifft – wie leider häufig – die Apotheken, wenn die erforderliche Aufwandsvergütung nicht den Vorstellungen der Rezeptprüfstellen entspricht:

Prüfstelle Sprechstundenbedarf für die gesamten Krankenkassen in Nordrhein: RPD Rezeptprüfstelle Duderstadt
Verordnung:Lactose Monohydrat 5 x 50 G
Verordnungsdatum:08.10.18

Für diese Verordnung hat die versorgende Apotheke 15,71 € abgerechnet. Da die Apotheke den damaligen Taxpreis in der Hilfstaxe für Lactose (Saccharum lactis) übersehen hatte, ist die Apotheke anteilig von ihrem damaligen Einkaufspreis von 18,71 € pro kg ausgegangen.
Hieraus hat die Apotheke einen Taxpreis von 15,71 € errechnet.

Dieser Preis beinhaltet sämtliche Leistungen der versorgenden Apotheke:

  • Prüfung und Dokumentation der Ausgangsstoffe
  • Kassen-, gesetzes- und verordnungsbezogene Prüfung auf Erstattungsfähigkeit
  • Plausibilitätsprüfung gemäß §  7 Absatz 1b ApBetrO mit Überprüfung und schriftlicher Dokumentation von
    • Dosierung,
    • Applikationsart,
    • Art, Menge und Kompatibilität der Ausgangsstoffe untereinander sowie deren gleichbleibende Qualität in dem fertig hergestellten Rezepturarzneimittel über dessen Haltbarkeitszeitraum und
    • Haltbarkeit.
  • Schriftliche Dokumentation der Herstellungsanweisung nach §  7 Abs. 1a ApBetrO mit Angaben zu
    • Herstellungstechnik,
    • Ausrüstungsgegenständen,
    • Herstellungsparameter,
    • Packmittel,
    • Kennzeichnung,
    • Inprozesskontrollen während des gesamten Herstellungsprozesses,
    • Vorbereitung des Arbeitsplatzes (allgemeine Maßnahmen zur Hygiene und zum Arbeitsschutz) und
    • Freigabe und Dokumentation des Endproduktes.

Für all diese Leistungen gesteht die Rezeptprüfstelle RPD den herstellenden und versorgenden Apotheken einen Betrag von 2,20 € als angemessen zu, wie die nachfolgende Retaxation über 12,83 € zeigt:

Obwohl es sich hier nicht um ein wiederverwendbares „Gefäß“ für den Sprechstundenbedarf handelt, mag man noch nachvollziehen, dass die Rezeptprüfstelle sich hier darauf beruft, dass Gefäße im Sprechstundenbedarf nicht berechnet werden dürfen, wenn ein Regionalvertrag nicht eine andere Vereinbarung enthält.

Nicht mehr nachvollziehbar ist, dass der Apotheke auch für ihre Abfüllung in fünf einnahmefertige Portionsbeutel keine Vergütung zugestanden wurde.

Kurz: Diese Retaxation war für uns nicht nachvollziehbar und daher hatten wir der Apotheke geraten, Einspruch zu erheben und um eine genaue Aufschlüsselung der Berechnung zu bitten.

Dies hat die Apotheke auch getan, jedoch daraufhin nur eine Ablehnung mit der Nennung des von der Prüfstelle zugrundegelegten Einkaufspreises erhalten:

Mitteilung der betroffenen Apotheke

„Die Rezeptprüfstelle berechnet nach § 4 und 5 AMPreisV anteilig z. B. 4,60 € für 1.000 g bzw. 3,70 € für 1.000 g.
Da bleibt dann nichts für die Apotheke über. Mit anderen Worten schenken wir dem Arzt die Beutel Lactose bzw. Glucose ...“

Eine Rezepturverordnung aus wirtschaftlichen Gründen abzulehnen, verbietet jedoch das Kontrahierungsgebot, welches auch für Rezepturen gilt.

Nähere Infos zur korrekten Abrechnung und Anfertigung von Rezepturen finden Sie unter anderem in den Arbeitshilfen des DeutschenApothekenPortals. Sie können dieses Thema aber natürlich auch im DAP Forum diskutieren.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum


Hinweis: Der Text wurde nachträglich geändert, da zum Abgabezeitpunkt ein Preis für Lactose (Saccharum lactis) in der Hilfstaxe gelistet war (3,70 Euro/1.000 g).

Neuen Kommentar schreiben

Sie müssen angemeldet sein, um die Kommentarfunktion nutzen zu können.

DAP Newsletter

Immer aktuell informiert mit dem DAP Newsletter: zur Newsletter-Anmeldung