Änderung der BtMVV in Sicht: Bald keine „A“-Retaxationen mehr?

Retaxationen von BtM-Rezepten, auf denen ein fehlendes „A“ moniert wird, sind immer wieder Thema, wenn es um typische Retaxfallen geht. Dabei wurde der Patient zwar immer mit dem benötigten Arzneimittel versorgt, jedoch wird der an sich formale Fehler nicht als solcher anerkannt, sondern es wird mit einem Verstoß gegen die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung argumentiert.

Solche Retaxationen kommen Apotheken oft teuer zu stehen, wie in einem kürzlich an das Team des Deutschen­Apotheken­Portals heran­ge­tragenen Fall, bei dem eine Dronabinol­verordnung retaxiert wurde.

Dronabinol-Höchstmengenüberschreitung

Verordnet wurden auf einem BtM-Rezept „Dronabinol Tropfen 2.250 mg (25 mg/ml)“. Weitere Formalien wie die Dosierung wurden korrekt auf dem Rezept angegeben. Die Apotheke versorgte den Patienten, erhielt jedoch im Nachgang knapp ein Jahr später die Nullretax. Die Begründung lautete:

Begründung

„Laut § 2 der BtMVV erfolgte eine Überschreitung der Höchstmenge ohne entsprechende Kennzeichnung.“

Ein Blick in § 2 der BtMVV erläutert auch direkt den genauen Grund: Hier ist für Dronabinol eine Höchstmenge von 500 mg angegeben, die verordnete Menge überschritt diese Höchstmenge dementsprechend deutlich und das „A“ hätte durch den Arzt aufgetragen werden müssen. Natürlich hätte auch die Apotheke das fehlende „A“ bemerken müssen und hätte es nach Rücksprache mit dem Arzt ergänzen können – doch möglicherweise wurde das Fehlen auch durch die auf dem Rezept angegebenen Berechnungen des Rezepturpreises übersehen. Ein Fehler, den die Apotheke nun teuer bezahlen muss. Im Gegensatz zu vielen anderen „A“-Retaxationen, bei denen die Höchstmenge erst durch mehrere aufeinanderfolgende Rezepte überschritten wurde, erfolgte diese in diesem Fall schon durch die vorliegende Verordnung allein.

Zwar hat die Krankenkasse gemäß § 6 Abs. 1c Rahmenvertrag immer die Möglichkeit, eine Apotheke trotz eines Fehler zu vergüten, doch davon machen erfahrungsgemäß die wenigsten Krankenkassen Gebrauch:

6 Abs. 1c Rahmenvertrag

„[…] Der Vergütungsanspruch der Apothekerin/des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […] c) die Krankenkasse im Einzelfall entscheidet, die Apotheke trotz eines derartigen Verstoßes ganz oder teilweise zu vergüten […]“

Die Apotheke kann also bei einem Einspruch nur auf die Kulanz der Krankenkasse hoffen, vielleicht wurde der Patient auch zuvor bereits mit dem gleichen Mittel versorgt und die Rezepte waren alle ordnungsgemäß ausgestellt – das könnte vielleicht einen Einspruch unterstützen.

Diskussionen um Höchstmengen

Der bürokratische Aufwand, der mit der Prüfung der Höchstmengen verbunden ist, und die häufig daraus resultierenden (Null-)Retaxationen verursachen schon seit langer Zeit immer wieder Diskussionen. Nun scheint aber ein Ende in Sicht zu sein: Im Entwurf der 4. Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung vom 25.10.2022 wird vorgeschlagen, die Höchstverschreibungsmengen aufzuheben:

4. Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung

„[…] Die bisherige Begrenzung der ärztlichen Verschreibung bestimmter Betäubungs­mittel der Anlage III des BtMG auf Höchst­verschreibungs­mengen innerhalb bestimmter Zeit­räume (§§ 2, 3 und 4 BtMVV) ist als zusätz­liches Kontroll­instrument entbehrlich und wird aufgehoben.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass diese Vorgabe aufgrund der fort­schreitenden medizinischen Entwicklung zu keiner höheren Sicherheit für den Betäubungs­mittel­verkehr geführt hat, sondern insbesondere mit einem verzicht- und vermeid­baren erhöhten Bürokratie­aufwand für die verschreibenden Ärztinnen und Ärzte sowie Apothekerinnen und Apotheker einhergeht. Weiterhin werden die Arbeits­abläufe bei der Überprüfung der Betäubungs­mittel­verschreibung hinsichtlich der Einhaltung der Höchst­verschreibungs­mengen über­flüssig. Dies entlastet die Überwachungs­behörden der Länder und ermöglicht Vereinfachungen bei der Abrechnung von Betäubungs­mittel­verschreibungen.“

Quelle: 4. Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung; 25.10.2022;
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/detail/verordnung-zur-aenderung-der-betaeubungsmittelverschreibungsverordnung.html

Dieser Entwurf, der außerdem die Verstetigung der Coronasonderregelungen im Rahmen der Substitutionstherapie vorsieht, kann nun zunächst kommentiert werden, anschließend müssen Bundeskabinett und Bundesrat die Vorlage beschließen. Bis es so weit ist, gelten also weiterhin die aktuellen Vorgaben. Da aber absehbar ist, dass Retaxationen aufgrund fehlender Kennzeichnung mit einem „A“ bald der Vergangenheit angehören werden, sollte bei entsprechenden Rezepten vielleicht schon jetzt kulant gehandelt werden – das würde die Patientenversorgung sowohl Ärzten als auch Apotheken enorm erleichtern. Dennoch gilt natürlich weiterhin: Bis zum Inkrafttreten der Änderung gehört das „A“ bei Überschreitung der vorgegebenen Höchstmengen nach BtMVV auf das Rezept und Apotheken sollten bei einem Fehlen auch von ihrer Heilungsmöglichkeit Gebrauch machen.

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