Plausibilitätsprüfung

Alles konserviert?

Vor dem Jahr 2012 war die Plausibilitätsprüfung eine Empfehlung in der Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung. Mit Novellierung der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) wurde sie dann jedoch verpflichtend für alle Apotheken eingeführt. Im folgenden Beitrag soll die richtige Konservierung – im Speziellen in Dermatika – näher beleuchtet werden.

Plausibilitätsprüfung nach § 7 Apothekenbetriebsordnung

In § 7 der Apothekenbetriebsordnung werden Vorgaben zur Herstellung von Rezepturarzneimitteln gemacht, Absatz 1b geht auf die Plausibilitätsprüfung ein:

7 ApBetrO Rezepturarzneimittel

„(1b) Die Anforderung über die Herstellung eines Rezeptur­arznei­mittels ist von einem Apotheker nach pharma­zeutischen Gesichts­punkten zu beurteilen (Plausibilitäts­prüfung). Die Plausibilitäts­prüfung muss insbesondere Folgendes berücksichtigen:

  1. die Dosierung,
  2. die Applikationsart,
  3. die Art, Menge und Kompatibilität der Ausgangsstoffe untereinander sowie deren gleichbleibende Qualität in dem fertig hergestellten Rezeptur­arznei­mittel über dessen Haltbarkeits­zeitraum sowie
  4. die Haltbarkeit des Rezeptur­arznei­mittels.

Die Plausibilitäts­prüfung ist von einem Apotheker oder im Vertretungs­fall nach § 2 Absatz 6 von der zur Vertretung berechtigten Person zu dokumentieren.“

Konservierung

In den meisten Fällen werden Rezeptur­zubereitungen in Mehrdosen­behältnissen abgegeben. Eine Voraussetzung, die hergestellte Rezepturen nach Apotheken­betriebs­ordnung erfüllen müssen, ist „deren gleichbleibende Qualität in dem fertig hergestellten Rezeptur­arzneimittel über dessen Haltbarkeits­zeitraum“ (vgl. § 7 Abs. 1b Punkt 3 ApBetrO). Daher müssen Zubereitungen hygienisch einwandfrei herge­stellt werden und auch über den gesamten Anwendungs­zeitraum hinweg mikro­biologisch einwandfrei bleiben. Falls die Rezeptur also mikrobiell anfällig ist, gilt es, ein passendes Konservierungs­mittel zuzusetzen. Der Arzt hat auch die Möglichkeit, eine Konservierung auszu­schließen; dies muss dann allerdings auf der Verordnung vermerkt sein. Die Aufbrauch­frist ist dementsprechend zu verkürzen.

Als Erstes muss die grundsätzliche mikrobielle Stabilität einer Zubereitung überprüft werden. Hierbei ist zu bewerten, ob die Rezeptur nicht bereits durch den Wirkstoff, die Grundlage oder sonstige Hilfs­stoffe hinreichend konserviert ist. Einige Wirkstoffe sind in therapeutisch eingesetzten Konzentrationen ausreichend antimikrobiell wirksam, aber auch standardisierte Grundlagen enthalten teilweise bereits ausreichend Konservierungs­mittel, sodass kein weiteres hinzugefügt werden muss.

Bei der Wahl des adäquaten Konservierungsmittels muss dabei Folgendes beachtet werden:

  • Das Konservierungsmittel muss für die vorgegebene Applikationsart zugelassen sein.
  • Die Konzentration des freien Konservierungsmittels in der wässrigen Phase muss ausreichend hoch sein.
  • Einige Konservierungsmittel haben nur in einem bestimmten pH-Bereich eine antimikrobielle Wirksamkeit.
  • Unter Umständen müssen besondere Vorkehrungen wie beispielsweise Lichtschutz getroffen werden, um die Konservierung sicherzustellen.  

Konservierung von Dermatika

Tab.: Beispiele geeigneter Konservierungsmittel für Dermatika

Konser­vierungs­mittelpH-BereichpH-OptimumKonzen­tration (in %)Wasser­löslich­keitBesonder­heitenVorsicht geboten
Benzal­konium­chlorid4–87–80,005–0,02Sehr leicht wasser­löslichGrenz­flächen­aktiv, inkompa­tibel mit manchen anionischen Sub­stanzen 
Chlor­hexidin­acetat5–8 (Aus­fällung bei pH > 8)5–60,01–0,11,9 %Inkompatibel mit den meisten anionischen Sub­stanzen; Zer­setzung zum toxi­kologisch relevanten 4-ChloranilinWundbe­handlung
Chlor­hexidin­gluconat5–8 (Ausfällung bei pH > 8)5–60,01–0,1> 70 %Inkompa­tibel mit den meisten anionischen Substanzen; Zersetzung zum toxi­kologisch relevanten 4-Chlor­anilinWundbe­handlung
EthanolpH-unab­hängigpH-unab­hängig≥ 21 (V/V)Mit Wasser mischbarHautreizend; aus­trocknendPädiatrie (toxiko­logisch relevant)
4-Hydroxy­benzoe­säureester (PHB-Ester) (Mischung aus Methyl- und Propylester (3+1))1–8,5 (Hydrolyse bei pH > 8)4–60,05–0,1Methyl-4-hydroxy­benzoat: 0,25 %; Propyl-4-hydroxy­benzoat: 0,04 %Abwandern in die lipophile Phase möglich; Ausfällung bei Kühlschrank-Lagerung; im stark Sauren und im Basischen hydrolyse­empfindlichAllergie­risiko
Isopro­panolpH-unab­hängigpH-unab­hängig≥ 15 (V/V)Mit Wasser misch­barHautreizend; aus­trocknendPädiatrie (toxiko­logisch relevant)
Propylen­glycolpH-unab­hängigpH-unab­hängig20 (bezogen auf Wasser­phase)Mit Wasser mischbarHaut­reizend bei > 20 %Pädiatrie (toxiko­logisch relevant)
Kalium­sorbat3,5–5,53,5–5,50,07–0,3Sehr leicht wasser­löslichWirkform: die freie Säure; Absenken eines zu hohen pH-Wertes durch wasser­freie Citronen­säure 
Sorbin­säure3,5–5,53,5–5,50,05–0,20,16 %Wasserdampf­flüchtig; oxidative Zersetzung (➔ Licht­schutz) 

Obwohl einige Konservierungsmittel für die Verwendung in Dermatika möglich sind, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Dermopharmazie die vorrangige Anwendung der drei Substanzen Sorbinsäure/Kaliumsorbat, PHB-Ester (Parabene) und Propylenglycol.

Sorbinsäure/Kaliumsorbat

Beim Konservierungsmittelpaar Sorbinsäure/Kaliumsorbat ist zu beachten: Ausschließlich die freie Säure wirkt konservierend; das korrespondierende Salz Kaliumsorbat selbst ist nicht antimikrobiell wirksam. Da Sorbinsäure allerdings deutlich schlechter wasserlöslich als Kaliumsorbat ist, erschwert dies die Verarbeitung, weshalb in häufigen Fällen das Salz verwendet wird. Dementsprechend liegt der rezeptierbare pH-Bereich (entspricht dem pH-Optimum) bei 3,5–5,5, also im Sauren. Durch Absenken des pH-Wertes – meist mit Citronensäure – kann die Säure freigesetzt werden. Welche Menge Citronensäure benötigt wird, ist abhängig vom pH-Wert der Zubereitung. Bei nicht standardisierten Rezepturen gilt es daher, die Menge nicht ohne pH-Wert-Kontrolle zu wählen. Bei standardisierten NRF-Rezepturen entspricht der Anteil der zugesetzten Citronensäure meist der halben Kaliumsorbatmenge.

Da Sorbinsäure eine schlechte Wasserlöslichkeit aufweist (nur 0,16 %), muss ausreichend Wasser zum Lösen der Sorbinsäure in der Zubereitung enthalten sein. Üblicherweise beträgt die mittlere Einsatzkonzentration von Sorbinsäure 0,1 %, was einen Mindestwassergehalt von 62,5 % bedingt. Um die Sorbinsäure im Zuge der Herstellung zu lösen, muss die wässrige Phase erhitzt werden. Es sollte allerdings nur so lange wie zum Lösen nötig erhitzt werden, da die Säure ebenfalls eine gewisse Wasserdampfflüchtigkeit aufweist. Am besten die Lösung beispielsweise mit einem Uhrglas abdecken. Da Gele meist ohne Erhitzen hergestellt werden, empfiehlt sich hier der Einsatz von Kaliumsorbat, aus dem durch Ansäuern dann die Säure freigesetzt wird.

Nach der Besonderheitenliste des BfArM muss in der Packungsbeilage von sorbinsäurehaltigen Topika folgender Hinweis aufgeführt sein: „Sorbinsäure/Kaliumsorbat kann örtlich begrenzte Hautreizungen (z. B. Kontaktdermatitis) hervorrufen.“

Propylenglycol

Bei Propylenglycol handelt es sich nicht um ein klassisches Konservierungsmittel, da die entsprechende Einsatzkonzentration mit 20 % (bezogen auf die Wasserphase) sehr hoch ist. In vielen Zubereitungen stellt es allerdings die mikrobiologische Stabilität sicher und wird aus diesem Grund teilweise wie ein klassisches Konservierungsmittel behandelt. Neben der konservierenden Wirkung erfüllt Propylenglycol einige weitere Zwecke: Es kann unter anderem als Feuchthaltemittel, Penetrationsbeschleuniger und Lösemittel dienen.

Ein großer Vorteil von Propylenglycol ist seine pH-unabhängige Anwendungsmöglichkeit. Damit ist es das bevorzugte Konservierungsmittel für beispielsweise anspruchsvolle Erythromycin-haltige Rezepturen. Außerdem ist es mit fast allen Wirk- und Hilfsstoffen kompatibel. Es ist chemisch stabil und beliebig mit Wasser mischbar. Die Basiscreme DAC enthält Propylenglycol in 20-prozentiger Konzentration in der hydrophilen Phase (Gesamtkonzentration 10 %), sodass die Grundlage mikrobiologisch stabil ist.

Vorsicht: In Konzentrationen über 20 % hat Propylenglycol ein erhöhtes allergenes Potenzial, weshalb Packungsbeilagen von Propylenglycolhaltigen Topika laut Besonderheitenliste des BfArM den Hinweis „Propylenglycol kann Hautreizungen hervorrufen“ enthalten müssen.

PHB-Ester (Parabene)

Parabene sind ein Synonym für PHB-Ester, worunter die Stoffgruppe der para-Hydroxybenzoesäure-Ester verstanden wird. In der Rezeptur werden vor allem Methyl-4-hydroxybenzoat (MHB) und Propyl-4-hydroxybenzoat (PHB) eingesetzt. Aufgrund der phenolischen Struktur der PHB-Ester sind Inkompatibilitäten bei der Verwendung von Substanzen, die Ether-Sauerstoffe enthalten, nicht auszuschließen. Es sollte daher vermieden werden, beispielsweise celluloseetherhaltige Zubereitungen mit PHB-Estern zu konservieren. Sowohl MHB als auch PHB weisen eine schlechte Wasserlöslichkeit auf, die sich mit sinkender Temperatur weiter verringert. Aus diesem Grund sollten parabenhaltige Rezepturen auf keinen Fall im Kühlschrank gelagert werden.

In Konserviertem Wasser DAC (NRF S.6) ist bereits 0,025 % PHB und 0,075 % MHB enthalten. Aus diesem Grund lassen sich Rezepturen am einfachsten durch die Verwendung von Konserviertem Wasser DAC mit PHB-Estern konservieren. Allerdings sollte Konserviertes Wasser DAC in diesen Rezepturen der Hauptbestandteil sein, da der Gehalt der PHB-Ester bereits im unteren Bereich ihrer Anwendungskonzentration liegt. Konserviertes Wasser DAC stellt hier also eine Trägerlösung dar. PHB-Ester können über einen vergleichsweise großen pH-Bereich von pH 1 bis pH 8 antimikrobiell eingesetzt werden. Aufgrund ihrer herabgesetzten Löslichkeit im Kalten darf auch Konserviertes Wasser DAC nicht im Kühlschrank aufbewahrt werden.

PHB-Ester reichern sich in der lipophilen Phase (flüssigen Wachsen, Fettalkoholen und Triglyceriden) an, weshalb bei Cremes und Emulsionen die Lipidkomponente weitgehend aus Paraffinkohlenwasserstoffen zusammengesetzt sein sollte.

Laut Besonderheitenliste des BfArM müssen PHB-Ester enthaltende Topika, Oralia und Ophthalmika folgenden Hinweis aufführen: „[Angabe der Substanz] kann Überempfindlichkeitsreaktionen, auch mit zeitlicher Verzögerung, hervorrufen“.

Die Gesamtzubereitung zählt

Liegt also eine bisher unkonservierte Rezeptur vor, gilt es, die Wahl des richtigen Konservierungsmittels im Hinblick auf die Gesamtzubereitung zu treffen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der rezeptierbare pH-Bereich etwa durch das Stabilitätsoptimum des Wirkstoffs, die Kompatibilität aller Substanzen bzw. durch die Darreichungsform eingeschränkt wird. Informationen zu gängigen Konservierungsmitteln in der Rezeptur mit ihren Einsatzkonzentrationen, pH-Bereichen, möglichen Applikationsformen und weiteren Besonderheiten finden sich in den Büchern „Tabellen für die Rezeptur“, „Plausibilitäts-Check Rezeptur“ und „Rezeptur-Retter“.


Quellen:
Ziegler, A.: Rezeptur-Retter, 1. Auflage, 2018, Deutscher Apotheker Verlag, S. 75–85
Ziegler, A.: Plausibilitäts-Check Rezeptur, 5. Auflage, 2019, Deutscher Apotheker Verlag, S. 189–191