Retaxfall: Augen auf bei der Abrechnung von Mehrkosten

Ob und wann Mehrkosten zulasten der Krankenkassen abgerechnet werden dürfen, ist weiterhin eine häufig gestellte Abgabefrage.

Dazu definiert der Rahmenvertrag in § 11 Abs. 3 Folgendes:

11 Abs. 3 Rahmenvertrag

„Ist bei einer Abgabe nach Absatz 2 kein Fertigarzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 SGB V die Mehrkosten. Bezugsgröße für die Bemessung der Zuzahlung nach § 61 Satz 1 SGB V ist der Abgabepreis des Fertigarzneimittels.“

Mit der „Abgabe nach Absatz 2“ ist die Abgabe eines Rabattarzneimittels gemeint. Dies bedeutet, dass die Mehrkosten nur dann zulasten einer GKV abgerechnet werden können, wenn ein Rabattarzneimittel nicht verfügbar ist. Gibt es keine Rabattverträge und werden aufgrund einer Nichtverfügbarkeit Mehrkosten fällig, so können diese nicht über die Krankenkasse abgerechnet werden, wobei dann den Patientinnen und Patienten empfohlen werden sollte, die privat gezahlten Mehrkosten zur Erstattung bei ihrer Krankenkasse einzureichen (siehe Rundschreiben des Bundesamts für Soziale Sicherung „Mehrkosten bei Abgabe eines Arzneimittels über dem Festbetrag aufgrund der Nichtverfügbarkeit von Arzneimitteln“).

Mehrkostenretax

Eine Apotheke berichtete uns kürzlich von einer Mehrkostenretax, bei der sich ihr auf den ersten Blick die Summe der Retax nicht erschloss.

Auf dem fraglichen Rezept war im September 2024 „Phenytoin AWD Tabletten 200 St. N3 Teva PZN 04503146“ verordnet. Die große Packung war nicht lieferbar, daher gab die Apotheke eine Packung mit 100 Stück der gleichen Firma ab. Rabattverträge gab es zum Abgabezeitpunkt nicht und da der Wirkstoff auf der Substitutionsausschlussliste steht, ist auch ein Austausch auf wirkstoffgleiche Alternativen nicht zulässig.

Offenbar wurden zum Abgabezeitpunkt die Mehrkosten zulasten der Krankenkasse abgerechnet und ein knappes Jahr später erhielt die Apotheke die Differenzretax in Höhe von 3,34 €. Die Apotheke prüfte die derzeit anfallenden Mehrkosten und stellte fest, dass aktuell für die Abgabe der 200er-Packung Mehrkosten in Höhe von 4,79 € anfallen, für die 100er-Packung wären es 1,20 €. Nun rätselte die Apotheke aufgrund der Höhe der Retax.

Aufklärung bringt ein Blick in die Preise zum Abgabezeitpunkt – diese sind für die Retax ausschlaggebend.

Im September 2024 lag der Festbetrag für Phenytoin etwas niedriger als zum jetzigen Zeitpunkt. So wären für die 200er-Packung damals 6,78 € an Mehrkosten angefallen und für die 100er-Packung 3,34 €. Der damalige Apothekenverkaufspreis lag bei 18,91 € für die Packung mit 100 Stück, der Festbetrag jedoch nur bei 15,57 €. Daraus ergibt sich die Differenz von 3,34 € an Mehrkosten, die der Patient hätte privat zahlen müssen. Die Apotheke hatte jedoch für die Abrechnung den vollen Preis von 18,91 € zulasten der Krankenkasse abgerechnet – und war damit in eine typische Retaxfalle getappt.

Die Retax der Krankenkasse ist also berechtigt. Empfehlenswert wäre nun, in der EDV zu prüfen, wie die Darstellung von Mehrkosten bei der Abgabe erfolgt und ob es Hinweisfenster gibt, die auf die Problematik hinweisen. Anhand solch eines Hinweisfensters würde bei zukünftigen Rezepten die Aufmerksamkeit der abgebenden Personen geschärft, sodass Retaxationen aus diesem Grund hoffentlich vorgebeugt werden kann.

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