Mehrkosten: Wer zahlt wann was?

Immer wieder erreichen das DeutscheApothekenPortal Anfragen, die sich mit der Abrechnung von Mehrkosten beschäftigen. Auch über die Retaxierung von Mehrkosten wird berichtet, wenn diese der GKV in Rechnung gestellt werden.

Mehrkosten für Patienten werden fällig, wenn ein Arzneimittel-VK oberhalb des Festbetrags liegt. Festbeträge sind Höchstbeträge für die Erstattung von Arzneimittelpreisen durch die gesetzlichen Krankenkassen. Liegt der Preis eines vom Arzt verordneten Arzneimittels über dem Festbetrag, so muss der Patient diesen Differenzbetrag – die Mehrkosten – zusätzlich zur gesetzlichen Zuzahlung entrichten. Dies gilt sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern und Jugendlichen, die ja prinzipiell von der Zuzahlung befreit sind. Ebenso müssen auch Erwachsene, die eine Zuzahlungsbefreiung vorweisen können, Mehrkosten bezahlen.

Können Mehrkosten der GKV in Rechnung gestellt werden?

Oft kommt es in Apotheken zu der Situation, dass ein Arzneimittel, das unterhalb des Festbetrags liegt, nicht verfügbar ist und zur Abgabe nur noch teurere Arzneimittel in Frage kommen, für die Mehrkosten anfallen. Hier stellt sich die Frage, ob diese Kosten der GKV in Rechnung gestellt werden können.

Im Rahmenvertrag findet sich dazu in § 11 Abs. 2 und 3 Folgendes:

11 Vorrang der Rabattverträge

„(2) Sind alle rabattierten Arzneimittel, welche nach Absatz 1 auszuwählen wären, bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar, ist die Apotheke zur Abgabe eines gemäß § 2 Absatz 10 lieferfähigen wirkstoffgleichen Arzneimittels nach Maßgabe des § 129 Absatz 1 Satz 2 SGB V berechtigt. Für die Feststellung der Nichtverfügbarkeit ist in Abweichung von § 2 Absatz 11 der Nachweis durch eine Verfügbarkeitsanfrage bei einem Großhandel ausreichend. Die Auswahl richtet sich bei Arzneimitteln nach § 9 Absatz 2 nach den Vorgaben in § 12 und bei Arzneimitteln nach § 9 Absatz 1 nach den Vorgaben in § 13. Kann auch aufgrund dieser Regelungen eine Versorgung nicht erfolgen, kann von den Vorgaben der §§ 2 Absatz 7 Satz 5, 12 Absatz 1 Satz 4, 12 Absatz 2 Satz 1 und 13 Absatz 2 Satz 2 abgewichen werden.

(3) Ist bei einer Abgabe nach Absatz 2 kein Arzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 SGB V die Mehrkosten. Bezugsgröße für die Bemessung der Zuzahlung nach § 61 Satz 1 SGB V ist der Abgabepreis des Arzneimittels.“

Hier wird also definiert, dass die Mehrkosten bei Nichtver­fügbarkeit eines Rabatt­arznei­mittels der GKV in Rechnung gestellt werden können, wenn keine andere aufzahlungs­freie Abgabe­möglichkeit besteht.

Diese Vereinbarung bezieht sich allerdings ausdrücklich auf die Nichtverfügbarkeit von Rabattarzneimitteln. Liegen keine Rabattverträge vor, so greift diese Regelung nicht und die Apotheke muss dem Patienten die Mehrkosten berechnen.

Achtung Retaxfalle!

Es wird von verschiedenen Retax-Beispielen berichtet, in denen mehrkostenfreie Arzneimittel nicht verfügbar waren und die Mehrkosten der GKV in Rechnung gestellt wurden. Da aber keine Rabattverträge bei den vorliegenden Krankenkassen bestanden, wurden diese Rezepte retaxiert.

Es wäre deutlich einfacher umsetzbar, wenn die Regelung zur Mehrkostenabrechnung bei Nichtverfügbarkeit für alle Fälle gleich wäre. Nach der aktuellen Vertragslage müssen Apotheken allerdings differenzieren zwischen „Nichtverfügbarkeit eines Rabattarzneimittels“ und „Nichtverfügbarkeit unabhängig von Rabattverträgen“. Zusätzlich muss bei der Dokumentation auf die Auswahl des passenden Faktors zur Sonder-PZN geachtet werden. Wählt die Apotheke den Faktor 2 (Nichtverfügbarkeit, Rabattarzneimittel nicht lieferbar, generischer/importrelevanter Markt), werden in der EDV teils automatisch die Mehrkosten der GKV in Rechnung gestellt. Bei Faktor 3 (Nichtverfügbarkeit unabhängig von Rabattarzneimitteln) ist dies nicht der Fall.

Auf einen Blick:

Mehrkosten werden nur dann von der GKV getragen, wenn Rabattarzneimittel nicht lieferbar sind und aus diesem Grund ein Arzneimittel mit Mehrkosten abgegeben werden muss. In anderen Fällen muss der Patient die Mehrkosten tragen. Bei der Dokumentation der Nichtverfügbarkeit muss darauf geachtet werden, dass der passende Faktor ausgewählt wird, damit nicht „aus Versehen“ der Krankenkasse die Mehrkosten berechnet werden. Aktuell scheint es vermehrt zu Mehrkosten-Retaxationen zu kommen, daher sollten Apotheken hier besonders aufmerksam sein.

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