Angepasste Therapieempfehlung zur Behandlung und Prävention von HIV bei Erwachsenen

Passend zum Welt-AIDS-Tag am 1. Dezember 2022 wurde vom Gremium der International Antiviral Society–USA eine aktualisierte Empfehlung über Therapie und Prophylaxe einer HIV-Infektion bei Erwachsenen im Journal of the American Medical Association veröffentlicht. Die Empfehlungen stützen sich auf Studienergebnisse zwischen Januar 2020 und Oktober 2022.

Ende 2021 lebten laut Schätzungen des Robert Koch-Instituts rund 90.800 Menschen in Deutschland mit einer HIV-Infektion.1 Dank entsprechender antiretroviraler Therapie (ART) ergibt sich für Infizierte eine ähnliche Lebenserwartung wie für gesunde Menschen. Durch die hohe Lebenserwartung rückt die Behandlung von altersbedingten Komorbiditäten weiter in den Fokus aktueller Behandlungsstrategien. Um die Herausforderungen und Möglichkeiten einer ART zu verbessern, wurden Anfang Dezember neue Konsensusempfehlungen zur Therapie und Prävention von HIV-Infektionen veröffentlicht. Folgende Ergebnisse wurden vorgestellt:2

  • Eine ART sollte so früh wie möglich nach Diagnosestellung begonnen werden. Opportunistische Infektionen, Verfügbarkeit der Medikamente und Therapietreue gelten als besondere Herausforderungen, welche während der Therapie, aber auch besonders bei Therapiebeginn berücksichtigt werden sollten.
  • Als Initialtherapie sollte vor allem auf ein-Tabletten-Regime mit Integraseinhibitoren wie Bictegravir oder Dolutegravir zurückgegriffen werden.
  • Personen ohne vorangegangenes Therapieversagen können zu einer Depottherapie mit Cabotegravir und Rilpivirin wechseln. Die Injektion erfolgt alle 1 bis 2 Monate und ist hinsichtlich der Wirksamkeit mit der oralen ART gleichzusetzen.
  • Die ART (vor allem Therapieschemata mit Integraseinhibitoren) führt insbesondere im ersten Therapiejahr häufig zu einer Zunahme von Gewicht und Körperfett, sodass BMI und Körperfettanteil alle 6 Monate kontrolliert werden sollten. Daneben kann es zu weiteren kardiometabolischen Komplikationen kommen, die zukünftig neue Therapiestrategien benötigen.
  • Mehr als die Hälfte der Patienten über 50 Jahre erhält ihre Diagnose in einem späten Stadium (CD4-Zellzahl < 350/µl), wodurch die bestmöglichen Behandlungsergebnisse nicht gewährleistet werden können. Die Autoren raten deshalb zu einem HIV-Screening für ältere Menschen, um Infektionen rechtzeitig zu erkennen.
  • Mit Cabotegravir steht neben oralen Medikamenten zur Präexpositionsprophylaxe (PrEP) erstmals auch ein langwirksamer, injizierbarer Wirkstoff zur Verfügung.
     

1 Robert Koch-Institut: Epidemiologisches Bulletin 47 – HIV in Deutschland 2021. Online verfügbar unter: www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2022/Ausgaben/47_22.pdf
2 Rajesh T. Gandhi, MD et al.: Antiretroviral Drugs for Treatment and Prevention of HIV Infection in Adults: 2022 Recommendations of the International Antiviral Society–USA Panel. DOI: 10.1001/jama.2022.22246

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