Vollretax wegen fehlender Dosierung: Und täglich grüßt das Murmeltier?

Gemäß § 2 Abs. 1 Punkt 7 der Arznei­mittel­ver­schreibungs­ver­ordnung muss eine Verschreibung die Dosierung enthalten. Dies gilt nach den Vorgaben der AMVV nicht, wenn der Patient einen Medikations­plan erhalten hat, der die Dosierung des verordneten Arznei­mittels erläutert, oder eine schriftliche Dosierungs­an­weisung des Arztes vorliegt und dies auf dem Rezept vermerkt wurde („Dj“). Auch wenn das Arznei­mittel direkt an den Arzt abge­geben wird, beispiels­weise weil die Verabreichung in der Arzt­praxis erfolgt, darf auf eine Angabe zur Dosierung verzichtet werden.

Grund­sätzlich ist der Arzt dafür verantwortlich, die Dosierung anzugeben, doch die Apotheke muss dies prüfen. Sofern die Dosierungs­angabe fehlt, kann die Apotheke diese nach Rück­sprache mit dem Arzt ergänzen.

Dass eine fehlende Dosierungs­angabe retaxiert wird, ist kein Geheimnis und auch heute müssen wir Ihnen einen weiteren Fall zu diesem Thema vorstellen.

Rezept über GRAZAX SUT

Eine Apotheke erhielt im März 2022 eine Verordnung zulasten der BIG über „GRAZAX SUT N3 100 St. PZN 13905501“. Leider war keine Angabe zur Dosierung auf dem Rezept aufgebracht, daher erhielt die Apotheke knapp ein Jahr später eine Nullretax für dieses Rezept. Die Apotheke fragt nun: „Ist es denn verhältnis­mäßig, wenn der Arzt das o. a. Kürzel nicht aufge­tragen hat und wir dafür mit Vollretax büßen sollen?“ Zudem drängt sich der anfragenden Apotheke der Eindruck auf, dass „Jagd“ auf Apotheken gemacht wird und vor allem „dicke Rezepte“ wie dieses heraus­gefischt werden.

Grundsätzlich ist die Kranken­kasse mit dieser Retax im Recht, da es klare Vertrags­vorgaben hinsichtlich der Dosierung gibt. Ob es dann immer gleich eine Vollretax sein muss, erscheint dennoch fraglich, da der Patient die verordneten Tabletten mit einer entsprechenden Beratung, die standard­mäßig auch den Hinweis zur Dosierung und Einnahme umfasst, erhalten hat.

In diesem Fall sollte aber geprüft werden, ob der Patient das Arznei­mittel vielleicht zum ersten Mal erhalten hat – dann würde sich definitiv ein Einspruch anbieten, da die erste Einnahme unter Aufsicht des Arztes erfolgen soll. Dies ist der Packungs­beilage des verordneten Mittels zu entnehmen:

Packungsbeilage

„Um Patient und Arzt die Möglichkeit zu geben, etwaige Neben­­wirkungen und mögliche Maßnahmen zu besprechen, soll die erste Lyo-Tablette unter ärztlicher Aufsicht einge­­nommen werden (20–30 Minuten).“

Das Arzneimittel wird hier zwar nicht an den Arzt abgegeben, aber unter Aufsicht des Arztes einge­nommen. Es kann demnach davon ausge­gangen werden, dass der Arzt die weitere Dosierung nach der ersten Einnahme unter Aufsicht mit dem Patienten bespricht.

Auch darf nach § 6 Abs. 1 Buchst. d Rahmen­vertrag keine Retaxierung erfolgen, wenn es sich um einen formellen Fehler handelt, durch den weder die Arznei­mittel­sicherheit noch die Wirtschaftlichkeit tangiert wird.

6 Abs. 1 Buchst. d Rahmenvertrag

„[…] Der Vergütungs­anspruch der Apothekerin / des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungs­gemäßer vertrags­ärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […]

d) es sich um einen unbedeutenden, die Arznei­mittel­sicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt.“

Bei einer Einnahme unter ärztlicher Aufsicht kann nicht von einer Gefährdung der Arznei­mittel­sicherheit ausge­gangen werden, daher sollte die Retaxierung in diesem Fall zurück­ge­nommen werden.

Da es aber eher Einzel­fälle sind, in denen ein Einspruch bei Retaxationen aufgrund von fehlenden Dosierungs­angaben erfolg­ver­sprechend ist, kann nur immer wieder darauf hinge­wiesen werden, auf die formal korrekte und vollständige Rezept­aus­stellung – inklusive Dosierung – zu achten.

Neuen Kommentar schreiben

Sie müssen angemeldet sein, um die Kommentarfunktion nutzen zu können.

DAP Newsletter

Immer aktuell informiert mit dem DAP Newsletter: zur Newsletter-Anmeldung