Retaxfall: Wie muss Nichtverfügbarkeit nachgewiesen werden?

Liefer­schwierig­keiten machten Apotheken schon lange vor der Corona­pandemie Probleme. Mit den Sonder­regeln, die im Rahmen der Pandemie vereinbart wurden, wurde allerdings der Umgang mit Liefer­problemen erleichtert – es bleibt abzu­warten, ob und welche Regelungen es davon nach Aus­laufen der SARS-CoV-2-AMVersVO (SARS-CoV-2-Arznei­mittel­versorgungs­verordnung) im kommenden Mai in das Standard­regel­werk schaffen werden.

Dokumentation ist unerlässlich

Dennoch gibt es Retaxationen von Rezepten, die aus Gründen von Lieferschwierigkeiten anders als vorgesehen beliefert wurden. So auch im folgenden Fall, den uns eine Apotheke schilderte.

Der Apotheke wurde eine Sprechstundenbedarfsverordnung über „Priorix-Tetra PZN 08871036“ (dabei handelt es sich um den Import von Eurim) vorgelegt. Da an diesem Tag kein Reimport lieferbar war, gab die Apotheke das Original ab.

Im Nachgang erfolgte eine Retaxation, woraufhin die Apotheke Einspruch einlegte und die Nichtverfügbarkeit durch Belege der Onlineverfügbarkeitsabfrage der Warenwirtschaft belegte.

Allerdings verlangte die Rezeptprüfstelle anschließend den Nichtverfügbarkeitsnachweis des Importeurs. Doch ist das überhaupt notwendig?

Wie muss die Dokumentation der Nichtverfügbarkeit aussehen?

Im Rahmenvertrag ist definiert, wie die Apotheke die Nichtverfügbarkeit bei Arzneimitteln, die zulasten einer GKV ausgestellt werden, nachweisen muss. Grundsätzlich ist die Nichtverfügbarkeit natürlich auf dem Rezept per Sonder-PZN zu dokumentieren. Dies ist in § 14 Rahmenvertrag festgelegt.

14 Abweichung von der Abgaberangfolge

„(1) Dass kein rabattbegünstigtes Fertigarzneimittel nach § 11 Absatz 2 oder kein preisgünstiges Fertigarzneimittel nach § 12 zum Zeitpunkt der Vorlage der Verordnung verfügbar war, hat die Apotheke durch einen Beleg nach § 2 Absatz 11 nachzuweisen. Sofern die Apotheke kein rabattbegünstigtes bzw. kein preisgünstiges Fertigarzneimittel wegen Nichtverfügbarkeit abgibt, hat sie bei papiergebundenen Verordnungen auf dem Arzneiverordnungsblatt das zwischen den Vertragspartnern vereinbarte Sonderkennzeichen anzugeben. Bei der elektronischen Verordnung ist in diesem Fall das entsprechende Kennzeichen im elektronischen Abgabedatensatz anzugeben und mittels elektronischer Signatur zu signieren.“

Zum Nachweis der Nichtverfügbarkeit gilt laut § 2 Abs. 11 Rahmenvertrag Folgendes:

2 Abs. 11 Rahmenvertrag

„11) Nicht verfügbar:

Das Arzneimittel bzw. das in die Arzneimittelversorgung nach § 31 SGB V einbezogene Produkt ist nicht verfügbar, wenn es innerhalb angemessener Zeit nicht beschafft werden kann. Dies ist durch zwei Verfügbarkeitsanfragen im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der Vorlage der Verordnung durch die Apotheke nachzuweisen. Falls Belieferungs- und Vorlagedatum voneinander abweichen, ist das Vorlagedatum von der Apotheke auf dem Arzneiverordnungsblatt zu vermerken. Verfügbarkeitsanfragen sind Anfragen durch die Apotheke beim pharmazeutischen Großhandel gemäß § 52b AMG, die von diesem registriert und als wesentlicher Parameter im Beschaffungsprozess genutzt werden. Wird die Apotheke nur durch einen Großhandel beliefert, reicht es aus, wenn die Verfügbarkeitsanfragen nach Satz 2 bei diesem einen Großhandel in angemessenem zeitlichen Abstand erfolgt sind. Die Apotheke erhält vom Großhandel über die Verfügbarkeitsanfragen einen entsprechenden Beleg, aus dem mindestens der abgefragte Großhandel, das IK der anfragenden Apotheke, der Zeitstempel der Anfrage mit Uhrzeit und Datum sowie die abgefragte Pharmazentralnummer (PZN) hervorgehen. Dass ein Arzneimittel, welches gemäß dem Preis- und Produktverzeichnis nach Absatz 3 nicht über den Großhandel vertrieben wird, nicht verfügbar ist, ist durch einmalige Anfrage beim pharmazeutischen Unternehmer nachzuweisen. Für den Nachweis nach Satz 7 gilt Satz 6 mit der Maßgabe, dass anstelle des pharmazeutischen Großhandels der abgefragte pharmazeutische Unternehmer aufgeführt wird; auf die Angabe der Uhrzeit kann verzichtet werden.“

Bei Arzneimitteln, die über den Großhandel vertrieben werden, muss die Apotheke die Nichtverfügbarkeit demnach durch zwei Verfügbarkeitsanfragen beim Großhandel nachweisen. Wird die Apotheke nur durch einen Großhandel beliefert, so reichen zwei Anfragen in angemessenem Abstand bei diesem Großhandel. Für den Nachweis der Nichtverfügbarkeit von Rabattarzneimitteln reicht übrigens nach § 11 Abs. 2 Satz 2 die Abfrage bei nur einem Großhändler aus!
Ein Nachweis des Herstellers ist ausdrücklich nur dann erforderlich, wenn das entsprechende Arzneimittel nicht über den Großhandel vertrieben wird. Dies ist aber im vorliegenden Fall nicht notwendig, da der verordnete Impfstoff Priorix-Tetra über den Großhandel vertrieben wird.

Daher reichen hier die Großhandelsbelege aus, der Nachweis vom Importeur ist nicht erforderlich. Aus diesem Grund legte die Apotheke erneut Einspruch ein. Allerdings wurde auch dieser Einspruch abgelehnt, mit der Begründung, dass es sich um ein SSB-Rezept handele.

Im SSB greift der Rahmenvertrag nicht. Nun muss geprüft werden, ob es im für die Apotheke zutreffenden Arzneiliefervertrag eine Regelung bezüglich der Nachweispflicht bei Nichtverfügbarkeit gibt. Diese fußen ja üblicherweise auf den Vereinbarungen des Rahmenvertrags und orientieren sich daran. Im Arzneiversorgungsvertrag der Ersatzkassen ist in § 5 Abs. 5 beispielsweise grundsätzlich hinterlegt, dass für den Nachweis die Abfrage bei einem Großhandel ausreicht. Des Weiteren wird hier auf die Definitionen des Rahmenvertrags verwiesen, die weiter oben ausgeführt wurden:

5 Abs. 5

„Die Nichtverfügbarkeit eines Arzneimittels ist durch eine Verfügbarkeitsanfrage bei einem Großhandel durch die Apotheke nachzuweisen. Die Nachweise haben den Anforderungen des § 2 Absatz 11 Satz 6 Rahmenvertrag zu entsprechen.“

Neuen Kommentar schreiben

Sie müssen angemeldet sein, um die Kommentarfunktion nutzen zu können.

DAP Newsletter

Immer aktuell informiert mit dem DAP Newsletter: zur Newsletter-Anmeldung