Retax wegen unwirtschaftlicher Versorgung für den Sprechstundenbedarf

Zudem ist vereinbart:

5.2 Arzneiliefervertrag Bayern

Werden Impfstoffe im Sprechstundenbedarf verordnet, kann der Apothekeneinkaufspreis (AEK) zuzüglich eines Festzuschlages von 1,35 Euro je Impfdosis abgerechnet werden.

5.4 Arzneiliefervertrag Bayern

Den sich aus 5.2 ergebenden Beträgen ist die gesetzliche Mehrwertsteuer hinzuzufügen. Der Apothekenabschlag nach § 130 Abs. 1 SGB V ist nicht zu gewähren.

Daher hat die Apotheke mit Unterstützung ihres Apothekerverbandes Einspruch eingelegt, der jedoch abgelehnt wurde: 

Auszug aus der Einspruchsablehnung der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern:

Vielmehr ist der beliefernde Apotheker nach § 1 Abs. 3 AV-Bay zu einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung in der fachlich gebotenen Qualität verpflichtet (§§ 12, 70 SGB V). Dies beinhaltet auch bzw. gerade die Verpflichtung, bei der Belieferung einer Verordnung auf eine wirtschaftliche Stückelung zu achten. Die jeweiligen aktuell verfügbaren Packungsgrößen und Einkaufspreise sind bei jeder Abgabe in diese Bewertung mit einzubeziehen. Nachdem die vorgenommene Retaxation den vertraglichen Bestimmungen entspricht, kann eine Rücknahme leider nicht erfolgen.

Und es gibt keine explizite vertragliche Verpflichtung, jede Abgabe auf die für die Krankenkasse günstigste Rabattstückelung bzw. Bündelung bis ins Detail zu recherchieren. Die allgemeine Verpflichtung gemäß SGB V zur wirtschaftlichen Abgabe muss jedoch als Rahmenrecht durch ausführende Vertragsregelungen näher definiert werden.

Sollte wider Erwarten künftig eine detaillierte Stückelungs-/Bündelungsregelung vertraglich vereinbart werden, so muss diese jeder Apotheke auch durch ihre EDV-Systeme angezeigt werden, alles andere wäre in der täglichen Versorgung nicht praktikabel.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Retaxforum

Die Belieferung von Sprechstundenbedarfsverordnungen bewegt sich für die Apotheken ohnehin meist am Rande der betriebswirtschaftlichen Rentabilität. Wenn dazu auch noch Retaxationen zu verkraften sind, weil die Krankenkasse ihre eigene Wirtschaftlichkeit nicht ausreichend berücksichtigt sieht, wird die Versorgung vollends zum Verlustgeschäft. Diese Fälle ereignen sich relativ häufig, da es sich bei SSB-Verordnungen in der Regel um höherpreisige Verordnungen handelt, die gerne in die Retaxprüfung einbezogen werden. Nicht selten sind gerade SSB-Retaxationen für die Apotheken nachträglich kaum nachvollziehbar, da diese häufig besonderen Vertragspreisen unterliegen und die Vorstellungen der Rezeptprüfstellen zur wirtschaftlichsten Versorgung in den Apothekenverträgen nicht immer näher ausgeführt sind.

Folgende Verordnung wurde dem DAP-Team von einer betroffenen Apotheke zugesandt, mit der Bitte, die Apothekerinnen und Apotheker auf die Problematik und die erforderliche Klärung hinzuweisen.

Das nachfolgende Rezeptimage verdeutlicht, wie die zahlreichen Abgabe- und Dokumentationsvorschriften zu einer kaum noch zu entziffernden Abrechnung führen können. Dies ist weder für die Apotheke noch für die Rezeptprüfstellen zumutbar und erfordert eigentlich mittlerweile eine gesonderte Abrechnung auf einem extra Blatt:

Betroffen ist hier die Verordnungszeile 4 „50 x Priorix, Masern Mumps Roete, FER, 1 ST N1, CC-Pharma” zulasten der AOK Bayern, der die Abrechnung für alle GKV-Sprechstundenverordnungen in Bayern obliegt.

Laut Vermerk hat die Apotheke die Arztpraxis mit dem einzig verfügbaren Importpräparat versorgt:

50 x PZN 01603924 von kohlpharma

Dies hat die AOK Bayern wegen unwirtschaftlicher Abgabe um 547,00 Euro retaxiert.

Und dieser Betrag beinhaltet laut Kassenmitteilung sogar eine Erhöhung der Abgabevergütung um 368,90 Euro:

Abgabe:

50 x 1 St., PZN 01603924, Priorix, kohlpharma, 1.526,00 Euro

Kassenkorrektur:

5 x 10 St., PZN 08627750, Priorix, GlaxoSmithKline, 1.894,90 Euro

Differenz:

368,90 Euro teurer als die Abgabe der Apotheke!

Die Apotheke hätte nach Meinung der Krankenkasse gemäß des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebots laut § 12 SGB V, übernommen in § 1 Abs. 3 Arzneimittelvertrag Bayern [„Der Apotheker verpflichtet sich zu einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten in der fachlich gebotenen Qualität (§§ 12, 70 SGB V)“], fünf 10er-Einheiten des Erstanbieters GSK abgeben müssen, obwohl deren Abgabepreis laut EDV am Abgabetag um 368,90 Euro höher lag: 

Dem höheren Abgabepreis rechnet die Rezeptprüfstelle jedoch einen Impfstoffrabatt in Höhe von 915,90 Euro gegen, woraus die Krankenkasse unterm Strich eine Differenz von 547,00 Euro errechnet und der Apotheke diese in Rechnung stellt:

Bleibt die Frage, weshalb die Krankenkasse den Herstellerrabatt der Apotheke in Rechnung stellt, zumal dieser in der Apotheken-EDV nicht bei der „normalen“ Rezeptbedruckung, sondern erst durch aufwändige Recherchen erkennbar wird: 

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