Pharmazeutische Bedenken ohne Begründung: Retax

Das Auftragen eines Sonderkennzeichens (Sonder-PZN) bei Nichterfüllung von Rabattverträgen aufgrund einer Nichtlieferbarkeit des rabattbegünstigten Arzneimittels durch den pharmazeutischen Unternehmer im Falle einer Akutversorgung bzw. einer Versorgung im Notdienst sowie durch die Anwendung Pharmazeutischer Bedenken ist in § 4 Absätze 2 und 3 des Rahmenvertrages geregelt. Zusätzlich wird in den beiden letztgenannten Fällen ein erklärender Vermerk auf der Verordnung von der Apotheke gefordert.

Dass jedoch eine fehlende Begründung bei Pharmazeutischen Bedenken weder die Arzneimittelsicherheit noch die Wirtschaftlichkeit gefährdet, wurde von den Kassenvertretern nun erkannt und somit zum 01. Juni 2016 der folgende Absatz in den Rahmenvertrag aufgenommen:

3 Rahmenvertrag

„Der Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […] es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn […]
c. die Apotheke in den Fällen des § 4 Abs. 2 Satz 2 (Nichtverfügbarkeit), des § 4 Abs. 3 Satz 1 und 2 (Akutversorgung, Notdienst) sowie des § 4 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 17 Abs. 5 ApBetrO (pharmazeutische Bedenken) dieses Vertrages
(a) entweder nur das vereinbarte Sonderkennzeichen oder
(b) nur einen Vermerk auf der Verordnung aufträgt oder
(c) im Fall, dass Vermerk und Sonderkennzeichen auf der Verordnung fehlen, einen objektivierbaren Nachweis im Beanstandungsverfahren erbringt […].“

Das folgende Beispiel zeigt allerdings, dass sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch die Arzneimittelsicherheit gefährdet gewesen wäre, hätte der Kollege keine Pharmazeutischen Bedenken geltend gemacht und dafür den Rabattartikel abgegeben.

Gedankt wird ihm diese Umsicht mit einer Retaxierung, aufgrund einer fehlenden Dokumentation.

Verordnet war am 07. Juli 2015 zulasten der DAK:

  • Amoxibeta 1000 OP TAB N1 14 St.
  • Clarithromycin ABZ 500 mg FTA N2 14 St.
  • Pantoprazol 1 A Pharma 40 mg TMR 14 St.

Aus dieser Verordnung ist eindeutig eine Helicobacter-pylori-Eradikation zu erkennen. Diese erstreckt sich über einen Zeitraum von 7 Tagen bei 2-mal täglicher Einnahme der beiden Antibiotika und des Protonenpumpenhemmers.

Alle zum Abgabezeitpunkt rabattierten Amoxicilline trugen zwar das identische N1-Kennzeichen, hätten aber aufgrund der abweichenden Stückzahl die Therapie um zwei Tage verkürzt und somit den Therapieerfolg gefährdet:

Der aufmerksame Apotheker erkannte dieses Problem und gab die verordnete Menge (= 14 St.) im Sinne der Therapie ab. Er druckte außerdem die Sonder-PZN für Pharmazeutische Bedenken auf der Verordnung und vergaß lediglich dabei, die Begründung zusätzlich auf dem Rezept zu notieren.

Ein Fehler, der zum heutigen Zeitpunkt keine Retaxierung mehr nach sich ziehen dürfte.

Warum die Krankenkasse dennoch auf diese Retaxierung, auch noch nach erfolgtem Einspruch besteht, ist nur schwer nachzuvollziehen.

Diesen Einspruch lehnte die DAK jedoch mit folgendem Schreiben ab:

Ein Apotheker, der sich aufmerksam um Arzneimittelsicherheit, Therapieerfolg und letztlich auch um Wirtschaftlichkeit kümmert, sollte eigentlich von den Kassen mit einer Prämie belohnt werden.

Hätte die Apotheke einen der Rabattartikel zu 10 Stück abgegeben und den Patienten zurück zum Arzt geschickt, damit dieser eine zweite Packung verordnet, hätte der Apotheker wirtschaftlich besser dagestanden!

Trotz der strikten Vorgaben lassen manche Krankenkassen oft Ausnahmen von den Beanstandungsgründen zu, wenn sich der Apotheker bei der Auswahl der Packungsgröße erkennbar um eine Wahrung des Wirtschaftlichkeitsprinzips bemüht hat. Vielleicht hätte der Einspruch mehr Erfolg gehabt, wäre der Apotheker mehr auf den wirtschaftlichen Vorteil der Kasse eingegangen.

Bleibt zu hoffen, dass solche Retaxationen in Zukunft tatsächlich ausbleiben und die Kassen sich partnerschaftlicher im Sinne ihrer Patienten verhalten.

Ihr DAP-Team

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