Neutrale Importverordnung: Nullretax trotz fehlender Vertragsregelung

Viele Regelungen der Neufassung des Rahmenvertrags im Rahmen des Schiedsverfahrens wurden noch nicht im Detail ausformuliert, um auch weiterhin ergänzende Regelungen in regionalen Verträgen zu ermöglichen. Hier war es wohl auf Apothekerseite etwas zu optimistisch anzunehmen, dass auch die noch fehlenden Detailregelungen von allen Krankenkassen im Sinne einer entbürokratisierten, problemloseren Patientenversorgung gehandhabt würden.

Denn leider mussten wir schon häufiger darauf hinweisen, dass die vielversprechende Information im Kommentar des DAV zum neuen Rahmenvertag, „für alles Bekannte weist der Rahmenvertrag nunmehr Regelungen auf und garantiere Rechtssicherheit“, wohl tatsächlich etwas zu optimistisch war. Monat für Monat müssen zahlreiche Apotheken via Retaxation dafür einstehen, dass es mit manchen Kassen bis heute nicht möglich war, längst bekannte Retaxprobleme zu regeln. Eines dieser Versorgungsprobleme ist die häufige Verordnung einer Importarznei ohne genaue Angabe des Importeurs.

Folgende Retaxation erreichte die Mitglieder des DAP-Retaxforums, deren Unterlagen uns die betroffene Apotheke gerne zur Verfügung stellte:

Die Verordnung

Krankenkasse: AOK Rheinland/Hamburg (IK 104212505)
Verordnet:1 x Forsteo Injektor Fertigspr. ILO 3 St. N3, Import
Abgabedatum:27.10.2016
Abgegeben:verfügbarer Import von Kohlpharma, PZN 05497809

Wie uns die Apotheke versichert, wurde ihr auf Anfrage von Ihrem Apothekerverband mitgeteilt, dass es in ihrem Versorgungsvertrag noch keine Vereinbarung für Importverordnungen ohne nähere Importeurangabe gibt. Geregelt sind bis dato lediglich Importverordnungen mit Nennung des Importeurs wegen des damit gesetzten Preisankers und die vorrangige Abgabe des Originalproduktes, falls das Original rabattiert ist.

Beides war hier nicht der Fall, dennoch nimmt sich die Rezeptprüfstelle das Recht, auch ohne Vertragsgrundlage auf das damals in der Taxe gelistete billigste Importprodukt zu retaxieren:

Dabei wurde von der Rezeptprüfstelle weder die Verfügbarkeit des damals preiswertesten Importproduktes von EuroPharma DK ApS aus Dänemark (DK) nachgewiesen, noch wird berücksichtigt, dass die Direktbelieferung laut Taxe vom 27.10.2016 erst ab zwei Packungen möglich ist:

Selbst der eingangs erwähnte Versorgungsvertrag in Bayern, der in § 22 bereits eine Regelung für herstellerneutrale „Import“-Verordnungen enthält, würde keine Retax auf den preisgünstigsten Importlieferanten rechtfertigen, sondern lediglich die Abgabe eines der drei preisgünstigsten Präparate verlangen und bei deren Nichtverfügbarkeit der Apotheke sogar nach wirtschaftlicher Auswahl die Abgabe bis zum Preis des Originals erlauben.

Hierzu ist in Bayern die Apotheke sogar ohne ausdrückliche Erlaubnis des Arztes ermächtigt, wenn sie auf der Verordnung mit eigener Unterschrift z. B. „preisgünstige Arzneimittel nicht verfügbar“ vermerkt:

Ähnliche Vertragsvereinbarungen sind für alle ungeregelten Regionalverträge längst überfällig. Es muss für alle Bundesländer endlich eindeutig und ohne Interpretationsmöglichkeit geregelt werden,

ob aufgrund der fehlenden Firmenangabe des Importeurs…

  • … von einer unklaren Verordnung auszugehen ist, die eine Rücksprache erfordert oder
  • ob von einer Verordnung des teuersten Importes auszugehen ist oder
  • ob eines der 3 günstigsten Aut-idem-Präparate abzugeben ist und
  • ob die Apotheke bei Lieferproblemen auch ohne erneute Arztunterschrift, nach wirtschaftlichem Ermessen, bis zum Preis des Erstanbieters (Originalarzneimittel) versorgen darf.

Damit diese Regelungen bundeseinheitlich und für alle GKV-Kassen gelten, wäre es sinnvoll, diese Regelungen direkt in § 5 Rahmenvertrag (Abgabe importierter Arzneimittel) zu ergänzen, damit nicht ein neuer Konflikt mit § 5 Absatz 7 („Die Regelungen nach den Absätzen 1 bis 6 sind von ergänzenden Verträgen nach § 2 Absatz 4 dieses Rahmenvertrages ausgenommen“) entsteht.

DAP – Retaxforum – Dieter Drinhaus

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