Keine gemeinsame Indikation = keine Substitution = keine Retax!

Der neue Rahmenvertrag ist gerade mal einen Monat alt und dennoch gibt es im Apothekenalltag viele Probleme, die eine vertragsgemäße Umsetzung erschweren bzw. unmöglich machen.
Hinzu kommen – schon seit Mitte 2016 – die Probleme des vorhergehenden Rahmenvertrags, die bis heute noch nicht im „Bewusstsein“ mancher Prüfsoftware angekommen sind.

Eine der Retaxationen, die uns immer wieder beschäftigen, ist die bereits mehrfach hier und im DAP Forum beschriebene Tatsache, dass die Existenz eines Rabattvertrags nicht in jedem Fall bedeutet, dass die Rabattarznei auch abgegeben bzw. deren Nichtabgabe auch automatisch retaxiert werden darf!

Offensichtlich häufen sich derzeit wieder die Retaxationen von Prüfzentren, die der folgenden irrigen Meinung sind:

Wenn die Abgabe austauschbar zur Verordnung ist und eine Rabattarznei austauschbar zur Abgabe, dann gilt immer auch, dass die Rabattarznei austauschbar zur Verordnung ist.

Da dies nicht zutrifft, hatten wir Apotheken gehofft, dass dies in den vergangenen drei Jahren auch den künstlich intelligenten Prüfprogrammen beizubringen wäre. Offenbar war es jedoch nicht möglich, die Prüfprogramme nach dem Grundsatz zu programmieren, dass die Rabattarznei nicht mit der Abgabe zu vergleichen ist, sondern immer mit der ursprünglichen ärztlichen Verordnung.

Der in der nachfolgenden Retax betroffene Kollege wurde innerhalb weniger Wochen gleich zweimal aufgrund dieses Fehlers von unterschiedlichen Kassen retaxiert. Zumindest hat es den Vorteil, dass er seinen damaligen Einspruch mit geringfügigen Änderungen erneut verwenden kann.

Nachfolgend die retaxierte Verordnung:

Krankenkasse: Kaufmännische Krankenkasse (IK 100575506)
Verordnet:Restex Tabl. N1 20 St.
PZN 00576148
Verordnung und Abgabe:21.02.19

Die Rezeptprüfstelle der Kaufmännischen Krankenkasse retaxierte die Versorgung auf null, weil angeblich „keine Abgabe eines rabattbegünstigten Arzneimittels“ erfolgte:

Und nun kam der bereits vorhandene alte Einspruch erneut zum Einsatz, worin der betroffene Apotheker ausführte:

„[…], dass das nicht abgegebene Rabattarzneimittel der Krankenkasse (Levodopa plus Benserazid Al 100 mg/25 mg Hartkapseln 20 St. N1 PZN 12565747) nach den Austauschkriterien des § 129 (1) SGB V zur Verordnung des Arztes (Restex Tabl. 20 St. PZN 00576148) nicht ausgetauscht werden durfte!

Abb.: Übersichtstabelle der betroffenen Apotheke

Aus der Tabelle geht sehr deutlich hervor, dass zwar die Versorgung der Apotheke, nicht jedoch die rabattierte Wunscharznei der Rezeptprüfstelle aufgrund der mindestens erforderlichen einen gemeinsamen Zulassung (Indikation) zur ärztlichen Versorgung austauschbar war!

Laut § 129 (1) SGB V ist vorgeschrieben:

129 Abs. 1 SGB V

Die Apotheken sind bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte nach Maßgabe des Rahmenvertrages nach Absatz 2 verpflichtet zur

1. Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels in den Fällen, in denen der verordnende Arzt

a) ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet oder

b) die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat […].

Bei der Abgabe eines Arzneimittels nach Satz 1 Nummer 1 haben die Apotheken ein Arzneimittel abzugeben, das mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt […].“

Dem Verlangen der Kasse nachzukommen und hier gegen die Rabattarznei auszutauschen, wäre somit sogar gesetzlich verboten!

Da hier kein austauschfähiger, vorrangiger Rabattvertrag zu beachten war, hat die Apotheke völlig korrekt, gesetzes- und vertragskonform den Versicherten der Kaufmännischen Krankenkasse versorgt (Achtung: Hier gilt noch der alte Rahmenvertrag!):

  • Es wurde eines der drei preisgünstigsten aut-idem-fähigen Arzneimittel abgegeben.
  • Eine Sonder-PZN bzw. Begründung war hierfür ebenfalls nicht erforderlich, da die Versorgung keine Ausnahme darstellte.

Die Retaxation war somit vertraglich und gesetzlich unberechtigt und ist daher zurückzunehmen!

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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