Dronabinoltropfen-Herstellungsset retaxiert

Seit März 2017 sind Cannabis und cannabishaltige Zubereitungen unter bestimmten Voraussetzungen für medizinische Zwecke verordnungs- und erstattungsfähig. Vor Versorgungsbeginn durch die Apotheke ist allerdings vom behandelnden Vertragsarzt eine Genehmigung der zuständigen Krankenkasse einzuholen, die diese nur in begründeten Ausnahmefällen verweigern darf.

Die gesetzliche Voraussetzung zur Genehmigungserteilung ist im § 31 Abs. 6 SGB V geregelt:

31 Abs. 6 SGB V

„Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn
1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a) nicht zur Verfügung steht oder
b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.

Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. […].“

Bei der Genehmigung nach § 31 Abs. 6 SGB V geht es darum, ob die Voraussetzungen für eine Erstverschreibung vorliegen. Die Dauer der Therapie legt jedoch nicht die Krankenkasse fest. Letzteres hat erst im September 2018 das Bundesversicherungsamt beanstandet.

Genehmigungsfristen:

Die Krankenkassen müssen die Anträge innerhalb von 3 Tagen bearbeiten, wenn Cannabis in der ambulanten Palliativversorgung verordnet wird.
Bei „normalen“ Genehmigungsanträgen hat die Krankenkasse 3 Wochen Zeit, über den Antrag zu entscheiden.
Wenn sie zur Klärung den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) einschalten müssen, lässt Ihnen der Gesetzgeber 5 Wochen Zeit (§ 13 Abs. 3a SGB V). Wird innerhalb dieser Fristen keine Entscheidung getroffen, gilt der Antrag als genehmigt (Genehmigungsfiktion).

Da die Anzahl der Genehmigungsanträge stark zunimmt, wird aufgrund der nicht immer medizinisch indizierten Versorgungsanträge durchaus nicht jeder Antrag genehmigt. Probleme gab es von Anfang an mit den hohen Kosten, die durch die Freigabe von medizinischem Cannabis entstanden sind.
Laut Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) soll die Vergütung der Abgabe von Cannabis neu geregelt werden. Laut Referentenentwurf zum Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) können rund 25 Millionen Euro eingespart und somit die Ausgaben für medizinisches Cannabis halbiert werden.
Im Referentenentwurf heißt es:

„Die Einführung der Verhandlungslösung bei den Arbeitspreisen von Cannabisarzneimitteln, die in Apotheken als Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen abgegeben werden, führt zu Einsparungen von rund 25 Millionen Euro.“

Einzig der FDP-Gesundheitsexperte Dr. Wieland Schinnenburg sieht das Kostenproblem etwas differenzierter. Er möchte nicht einfach nur die Vergütung der Apotheken entsprechend kürzen, sondern erwartet in einer Anfrage an die Bundesregierung im Gegenzug auch Vorschläge zur Reduzierung des hohen Arbeitsaufwandes bei Prüfung, Herstellung und Dokumentation durch die Apotheken.

Bis wir Apotheken hier konkrete Ergebnisse haben, bleibt uns leider nur, auf die im Zusammenhang mit der medizinischen Cannabisversorgung bereits bestehenden Retaxprobleme hinzuweisen.

Der Retaxfall

Die schriftliche Anweisung lag der Apotheke übrigens vor.
In diesem Retaxfall kürzte die Krankenkasse das von der Apotheke in Rechnung gestellte Herstellset, da dieses für die Herstellung nicht unbedingt erforderlich sei und vergütete lediglich die in der Arzneimittelpreisverordnung vorgesehenen, anteiligen Einzelkomponenten.

Die Nutzung des Herstellsets mit der benötigten Menge

  • 0,05 % Palmitoylascorbinsäure in Miglyol 812 50 ml,
  • ein 30 ml med. Tropfglas,
  • einen für die korrekte Dosierung geeigneten Senkrechttropfer (1 Tropfen = 0,88 mg Dronabinol) bzw. alternativ
  • eine geeignete Dosierpumpe 33 µl (1 Hub = 0,83 mg Dronabinol) mit beigefügter Patienteninformation

bedeutet für die Apotheke eine erhebliche Zeitersparnis, was letztlich jedoch nur für die Apotheke auch eine Kostenreduzierung bedeutet.

Hier die entsprechende Taxberechnung der Krankenkasse ohne das verwendete „Herstellset für Cannabinoidzubereitung (Dronabinol Tropfenset Bionorica Ethics GmbH):

Gegenüber der von der Apotheke in Rechnung gestellten Rezepturherstellung der verordneten 10 ml öligen Dronabinoltropfen 25 mg/ml gemäß NRF 22.8 (entsprechend 250 mg Dronabinol) errechnet der Retax-Dienstleister eine Ersparnis in Höhe von 244,28 Euro minus 221,97 Euro = 22,31 Euro minus 2,91 Euro BtM-Gebühr = 19,40 Euro.

Auch der Hersteller empfiehlt, bei der Taxierung der Rezepturbestandteile ausschließlich nach Verbrauch und gemäß Hilfstaxe zu berechnen. Dies gelte auch für das Herstellset.

Bleibt also zu hoffen, dass bei den künftigen Vertragsverhandlungen auch auf den aufwändigen Herstellungs- und Dokumentationsaufwand Rücksicht genommen wird und auch praxisnahe Arbeitserleichterungen für die Apotheken Berücksichtigung finden.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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