Apothekenproblem: Austauschen oder nicht?

Mag sein, dass der neue Rahmenvertrag viele neue Regelungen bietet, die bisher nicht ausdrücklich vereinbart waren. Dennoch bringt er für uns Apotheken eine Menge zusätzlichen Arbeitsaufwand, da nicht von uns verursachte Probleme letztlich durch die Apotheken mit erhöhtem Zeitaufwand gelöst werden müssen – zumindest, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, via Nullretax die Patientenversorgung aus eigener Tasche bezahlen zu müssen.

Dies verursacht bei uns Präsenzapotheken nicht nur erhöhten Zeitaufwand, sondern auch Unsicherheit, ob die jeweils aktuell praktisch mögliche Versorgung tatsächlich mit allen theoretisch getroffenen Vereinbarungen vereinbar ist.

Dies zeigt auch die nachfolgende Anfrage eines geschätzten Kollegen aus dem DAP-Forum, der sich vertrauensvoll an den DAP Retax-Newsletter wandte, da ihm erhaltene Auskünfte seines Verbands und seines Softwarehauses für künftige Verordnungen leider nicht ausreichend begründet erschienen.

Er beschreibt ein Problem, das ich gerne aufgreife, da es sicherlich viele Apotheken betrifft und daher durchaus seinen Platz in einem Retax-Newsletter verdient hat.

Unser Kollege hat in der Nachbarschaft eine Gynäkologin, die häufig das Anti-D-Immunglobulin Rhophylac® Fertigspritzen von CSL Behring verordnet.

Mit Einführung des neuen Rahmenvertrags wird nun von der Apotheken-EDV das alternative Arzneimittel Rhesonativ® als preisgünstigstes Präparat angezeigt.

In der Artikelübersicht der Apothekensoftware wird der Apotheke kein Icon für den Aut-idem-Austausch angezeigt und das Präparat Rhesonativ® ist nur über die Suche nach „vergleichbaren Arzneimitteln mit Kriterienauswahl“ zu finden (siehe obige Abbildung). Es trägt jedoch weder ein Symbol für ein Originalprodukt noch das Icon für Importprodukte.

Bei der Arzneimittelabgabe im Kassenmodul wird jedoch bei der Eingabe des verordneten Rhophylac® Fertigspritzen von CSL Behring angezeigt, dass hier ein Austausch gegen das preisgünstigere Rhesonativ® möglich ist:

Abb. Kassen-Center: Hier wird Rhesonativ® aufgrund des günstigsten rabattbereinigten Kassenpreises sogar an erster Stelle vor den Importen (im grünen Bereich) angezeigt

Da kein vorrangiger Rabattvertrag besteht, ist sich die Apotheke nicht sicher, ob sie das ärztlich gewünschte Erstanbieterpräparat Rhophylac® wie bisher abgeben darf.

Daher hat die Apotheke sowohl bei ihrem Verband als auch bei ihrem EDV-Anbieter angefragt, ob sie die Rhophylac®-Verordnung gegen das preisgünstigere Alternativpräparat austauschen muss.

Sowohl der Verband als auch das Softwarehaus hatten mitgeteilt, dass nach den neuen Regeln substituiert werden müsse. Eine nachvollziehbare Vorschrift konnte der Apotheke aber nicht genannt werden.

Zudem fiel der Apotheke nach mehreren Recherchen auch noch auf, dass das ebenfalls unter „Wirkstoffe“ aufgeführte Immunglobulin G in Rhesonativ®  ca. 8-fach höher enthalten ist:

Rhesonativ®: 313,5 mg Immunglobulin G

Rhophylac®: 38 mg Immunglobulin G

Dies wird auch bei der Abgabe im Kassenmodul so aufgeführt. Dennoch werden die beiden Präparate als austauschbar angezeigt. Warum dies noch unter Wirkstoffgleichheit fällt und die Substitution nicht ausschließt, fragt sich nicht nur die betroffene Apotheke.

Ich gehe davon aus, dass es sich bei Rhesonativ® weder um einen Import noch um ein Generikum handelt, sondern um ein zweites Originalpräparat – also um einen Fall, wie er schon bei Janumet und Velmetia, Exforge HCT und Dafiro HCT sowie Sevikar und Vocado bekannt ist. Da es für diese Zweitoriginale mit eigener Zulassung noch keine entsprechende Vereinbarung im neuen Rahmenvertrag gibt, werden sie derzeit dem generischen Markt zugeordnet.
Dafür spricht auch die Überschrift in der obigen Abbildung des Kassen-Centers.
Da Gespräche zwischen den vertragsschließenden Parteien der GKV-Kassen und dem Deutschen Apothekerverband zur künftigen Abgabe längst angekündigt sind, gibt es hoffentlich bald eine schriftliche Vereinbarung.

Da die verordnende Ärztin auch weiterhin Rhophylac® für ihren Patienten erhalten möchte, reicht es derzeit aus

  • ein Aut-idem-Kreuz auf der Verordnung anzubringen, um den generischen Austausch auszuschließen, und
  • zusätzlich den Vermerk „Kein Import gewünscht“ anzubringen, um auch die Substitution gegen Importe auszuschließen, wofür das Aut-idem-Kreuz allein nicht ausreichen würde.

Die verordnende Apotheke möchte hier ausdrücklich nicht den eigenen Verband oder ihren Softwareanbieter kritisieren, sondern etwas mehr Klarheit und Retaxsicherheit für künftige Verordnungen und für ähnliche Abgaben anderer Apotheken erhalten.

Ich hoffe, dass wir hierzu ein wenig beitragen konnten.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP-Foren

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