Anfrage zum Beitrag „Mehrfachverordnung therapiefeindlich aber retaxfreundlich“

Zu unserem Beitrag von letzter Woche (28.06.2018) „Mehrfachverordnung: Therapiefeindlich aber retaxfreundlich“ haben wir zahlreiche Rückmeldungen aus den Apotheken erhalten, die ebenso wie die täglichen „normalen“ Retaxmitteilungen zeigen, wie dringend hier endlich eine bundesweite, praktikable und retaxsichere Vereinbarung erforderlich ist.

Lassen Sie mich nur ein weiteres Beispiel herausgreifen, welches sehr anschaulich zeigt, wie therapiewidrig und retaxgefährdend die gegenwärtigen Teilregelungen im § 6 Rahmenvertrag sind:

Verordnung: Spiriva 18 µg Kapseln Nachf HPI N3 90 St. PZN 03649221
Spiriva 18 µg Kapseln + Handihal HPI N1 30 St. PZN 02286532
Abgabedatum:29.06.2018
Anmerkung:Da es sich lediglich um eine Anfrage und noch nicht um eine Retaxation handelte, wollen wir die Krankenkasse hier nicht nennen.

Bezugnehmend auf unseren letzten Retax-Newsletter fragte die Apotheke an, ob sie diese Verordnung über eine N3- und eine N1-Packung (verordnete Gesamtmenge = 120 St.) beliefern dürfe, obwohl es sich nicht um ein Vielfaches des größten Normbereiches Nmax (86–90 St., vgl. Abb. DAP PZN-Checkplus) handt, oder ob hier ebenfalls eine Retax nach § 6 (3) Rahmenvertrag zu befürchten sei.

6 (3) Rahmenvertrag

„1 Überschreitet die nach Stückzahl verordnete Menge die größte für das Fertigarzneimittel festgelegte Messzahl, ist nur die nach der geltenden Packungsgrößenverordnung aufgrund der größten Messzahl bestimmte größte Packung oder ein Vielfaches dieser Packung, jedoch nicht mehr als die verordnete Menge abzugeben. 2 Ein Vielfaches der größten Packung darf nur abgegeben werden, soweit der Vertragsarzt durch einen besonderen Vermerk auf die Abgabe der verordneten Menge hingewiesen hat.“

Dass diese Rahmen­vertrags­vor­schrift nicht anzuwenden ist, wenn es sich nicht um eine „Stück­zahl­verordnung“ handelt, haben wir bereits in mehreren Fällen ausgeführt.

Diese Vorschrift ist somit auch hier nicht anzuwenden, stattdessen greift die für noch nicht geregelte Versorgungen getroffene „Übergangs­vereinbarung“ § 3 (1) Nr. 7e Rahmen­vertrag, die bis zu einer verbindlichen Regelung in den regionalen Verträgen gelten soll:

3 (1) Nr. 7e Rahmenvertrag

„Der Vergütungsanspruch des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […] es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn […]
7. bezogen auf den Rahmenvertrag
e. die Apotheke bei einer Verordnung, für die § 6 dieses Vertrages keine Regelung enthält, unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit und des Vorranges der Abgabe rabattbegünstigter Arzneimittel Packungen bis zu der vom Arzt insgesamt verordneten Menge abgibt (§ 31 Abs. 4 SGB V).“

Für jede Apotheke ist nachvollziehbar, dass die Pneumologie-Abteilung des obigen MVZ-Klinikums hier zusätzlich zur großen N3 eine kleine N1-Packung verordnen musste, da es sich offensichtlich um eine Neueinstellung handelte und der Patient hierfür einmalig ein Applikationsgerät (Handihaler) benötigte und dieses nicht in jeder Packung, sondern nur in der kleinen N1-Packung enthalten ist.

Zudem hat die Apotheke auf beide Verordnungszeilen das jeweilige Rabattarzneimittel der Krankenkasse abgegeben und somit auch die geforderte „Wirtschaftlichkeit“ beachtet.
Unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände ist also nicht damit zu rechnen, dass die Krankenkasse diese Versorgung retaxieren wird.
Da eine Retaxation – wie gezeigt – auch nicht zu rechtfertigen wäre, sollte eine Apotheke auch nicht aus Angst vor einer möglichen Retaxation ihrem Patienten die therapeutisch benötigte Versorgung verweigern.

Und falls – wider Erwarten – trotzdem eine Retaxation eintreffen sollte, so werde ich gerne hier darüber berichten, wobei dann natürlich auch der Name der Krankenkasse genannt würde.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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