Antidepressiva: dem Grund für die verzögerte Wirkung auf der Spur

Der antidepressive Effekt gängiger Antidepressiva setzt, im Unterschied zu den Nebenwirkungen, zeitlich verzögert ein. Erst nach mehreren Wochen können Patienten von den Medikamenten profitieren. Der Grund dafür ist Gegenstand aktueller Forschungen, viele Mechanismen wurden postuliert und vor allem in Tiermodellen untersucht. Eine neue Studie am Menschen konnte nun eine These bestätigen: Die synaptische Dichte im Gehirn wird durch Antidepressiva erhöht.

Mit Ausnahme des Ketamins ist die Wirkung der Antidepressiva an eine zeitliche Verzögerung von bis zu mehreren Wochen geknüpft. Bis heute ist unklar, wodurch dieses Phänomen entsteht. Man vermutet schon lange, dass Antidepressiva die synaptische Plastizität modulieren und die Dichte erhöhen können. In vorangegangen Studien am Tiermodell konnten diese Effekte bereits bewiesen werden.

Neuartig sind nun die Ergebnisse von Forschern der Universitäten Innsbruck, Kopenhagen und Cambridge.1 Die Wissenschaftler untersuchten den Einfluss von Escitalopram auf die Synapsendichte am Menschen. Dazu wurden in einer randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie 32 Teilnehmer zwischen 18 und 45 Jahren mit entweder 20 mg Escitalopram (n = 17) oder Placebo (n = 15) behandelt. Innerhalb des Untersuchungszeitraums von 3 bis 5 Wochen nach Beginn der Einnahme wurden die Gehirne der Probanden mittels PET-Scan auf die Menge an SV2A (synaptischem Vesikelprotein 2A) analysiert. Dieses Protein ist ein wichtiger Bestandteil für die vesikuläre Freisetzung präsynaptischer Neurotransmitter und ist dementsprechend an die Menge der Synapsen gekoppelt.

Die Forscher konnten zeigen, dass im Interventionsarm die Synapsendichte kontinuierlich zunahm – ein Effekt, der im Kontrollarm nicht auftrat. Die Forscher schlussfolgern, dass die Zunahme der Synapsendichte im Wesentlichen mit der antidepressiven Wirkung zusammenhängen und damit den verzögerten Wirkungseintritt erklären könnte.

1 Johansen A, Armand S, et al. Escitalopram increases synaptic density in the human brain over weeks. Online verfügbar unter: https://www.ecnp.eu/congress2023/ECNPcongress/programme/programme#!abstractdetails/0000552740

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