Zuzahlungsretax – was gilt bei einer Stückelung aufgrund eines Lieferengpasses?

Im Rahmen von Lieferengpässen haben Apotheken gemäß § 129 Abs. 2a des SGB V die Möglichkeit, von der Abgaberangfolge des Rahmenvertrags abzuweichen. Ziel soll sein, die Versicherten zeitnah mit den benötigten Arzneimitteln zu versorgen.

Unter anderem ist es Apotheken erlaubt zu stückeln – entweder mit anderen Packungsgrößen oder mit anderen Wirkstärken, sofern solch ein Austausch keine Therapieprobleme mit sich bringt. Damit ergibt sich aber die Frage nach der Zuzahlung – und hier gibt es trotz eigentlich eindeutiger Vereinbarungen weiterhin Retaxationen.

Nachdem wir bereits zu Beginn dieses Jahres über verschiedene Zuzahlungsretaxationen berichtet hatten, stellte uns eine Apotheke nun ein weiteres Beispiel einer solchen Retax vor.

Verordnet war im Februar 2025 Atorvastatin 1 A Pharma 20 mg 100 St. Da die Apotheke weder dieses Präparat noch aut-idem-konforme Alternativen beschaffen konnte, gab sie im Rahmen von § 129 Abs. 2a SGB V zwei Packungen mit halber Wirkstärke ab, also 2 x Atorvastatin 1 A Pharma 10 mg 100 St. Sowohl das verordnete als auch die beiden abgegebenen Präparate waren zum Abgabezeitpunkt bei der vorliegenden Krankenkasse rabattiert.

Als Zuzahlung wurde seitens der Apotheken-EDV „0“ Euro angegeben – die Apotheke sah keine Veranlassung, dies genauer zu hinterfragen. Im Nachgang erhielt die Apotheke jedoch eine Retax: Die Krankenkasse forderte nachträglich eine Zuzahlung in Höhe von 5 Euro ein.

Grundlage: die für den Versicherten günstigste Zuzahlung!

Die Apotheke ging nun zunächst von einem Fehler ihrer EDV bei der Angabe der Zuzahlung aus, doch bei genauerem Hinsehen ergeben sich doch Anhaltspunkte, die einen Einspruch gegen diese Retax rechtfertigen.

Zum Abgabezeitpunkt war das verordnete Präparat (Atorvastatin 1 A Pharma 20 mg 100 St.) rabattiert und nicht von der Zuzahlung befreit. Die Darstellung der EDV zeigt aber, dass es alternative Rabattarzneimittel gab, die von der Zuzahlung befreit waren (Atorvastatin Micro Labs 20 mg 100 St., Atorvastatin Vivanta 20 mg 100 St.) – aber diese waren nicht lieferbar. Also wich die Apotheke auf die zuvor geschilderte Stückelung mit zwei Packungen geringerer Wirkstärke aus.Bezüglich der Zuzahlung bei einer Stückelung ist § 61 des SGB V Folgendes zu entnehmen:

61 SGB V

„[…] Erfolgt in der Apotheke auf Grund einer Nichtverfügbarkeit ein Austausch des verordneten Arzneimittels gegen mehrere Packungen mit geringerer Packungsgröße, ist die Zuzahlung nach Satz 1 nur einmalig auf der Grundlage der Packungsgröße zu leisten, die der verordneten Menge entspricht. Dies gilt entsprechend bei der Abgabe einer Teilmenge aus einer Packung.“

Diese Formulierung ist jedoch etwas zu kurz gefasst und lässt Raum für Interpretationen – jedoch wurde dieser Sachverhalt seitens des GKV-Spitzenverbands schon klargestellt: Gibt eine Apotheke mangels lieferbarer Alternativen eine andere Wirkstärke (Packungsgröße) ab, so soll sie gemäß der Auslegung des GKV-Spitzenverbands von der für die Versicherten günstigsten Zuzahlungsvariante ausgehen. So wurde es in Rundschreiben an die Apotheken im vergangenen Frühjahr kommuniziert. Demnach kann die Zuzahlung auch „0“ sein, wenn unter den eigentlich vorrangig abzugebenden Rabattarzneimitteln zum verordneten Präparat ein von der Zuzahlung befreites Arzneimittel dabei gewesen wäre. Unerheblich ist, ob dies für das verordnete Arzneimittel selbst zugetroffen hätte oder wie hoch die Zuzahlung der abgegebenen Packungen wäre. Da im vorliegenden Fall ausgehend von der Ursprungsverordnung theoretisch zuzahlungsfreie Präparate zur Abgabe in Frage gekommen wären, hat die EDV die Zuzahlung mit „0“ Euro korrekt angegeben.

Die Apotheke sollte daher Einspruch gegen diese Retax einlegen!

Neuen Kommentar schreiben

Sie müssen angemeldet sein, um die Kommentarfunktion nutzen zu können.

DAP Newsletter

Immer aktuell informiert mit dem DAP Newsletter: zur Newsletter-Anmeldung