Retaxfall: unberechtigte Retax aufgrund einer fehlenden Normierung

Dass Jumbopackungen von Arzneimitteln nicht Gegenstand der Versorgung zulasten einer GKV sind, ist hinlänglich bekannt. Grundsätzlich sind Arzneimittel, die kein N-Kennzeichen tragen und nicht in die Riege der Lifestyle-Arzneimittel oder unter sonstige Verordnungsausschlüsse fallen, aber erstattungsfähig.

Einer Apotheke wurde nun eine hochpreisige Nemluvio-Verordnung auf null retaxiert – Grund: „Arzneimittel ohne Packungsgrößenkennzeichnung“.

Hochpreiser-Retax

Eine Apotheke hatte Anfang Februar ein E-Rezept über „2 x Nemluvio (Nemolizumab) 30 mg 1 Pen PZN 19660182 PEN“ erhalten und dieses wie verordnet beliefert. Das Arzneimittel trägt zwar kein N-Kennzeichen, aber die EDV zeigte keine Warnmeldung bezüglich einer nicht erstattungsfähigen Jumbopackung an.

Nun erhielt die Apotheke eine Nullretaxation mit der Begründung „Arzneimittel ohne Packungsgrößenkennzeichnung nach der in § 31 Absatz 4 SGB V genannten Rechtsverordnung“.

Da die Apotheke keinen Fehler bei dieser Rezeptbelieferung erkennen konnte, wandte sie sich an das DAP-Team.

Die Krankenkasse nimmt in ihrer Retaxbegründung Bezug auf § 31 Abs. 4 des SGB V. Dieser verweist grundsätzlich auf die Vorgaben der Packungsgrößenverordnung (PackungsV), gleichzeitig wird an dieser Stelle aber auch die Abgabe von Packungen oberhalb der Nmax (also Jumbopackungen) zulasten der GKV ausgeschlossen.

31 Abs. 4 SGB V

Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

Weder an dieser Stelle des SGB V noch irgendwo in der PackungsV wird festgelegt, dass Arzneimittel ohne Normierung nicht Gegenstand der Versorgung durch die GKV sind.

Packungen, die aufgrund ihrer Menge unterhalb des kleinsten Messbereichs oder auch zwischen zwei Messbereichen eingruppiert werden, tragen kein Normkennzeichen, sind jedoch trotzdem von den Krankenkassen zu erstatten. Lediglich Packungen oberhalb der größten Messzahl dürfen nicht zulasten der Kassen abgegeben werden.

Keine Packung oberhalb von Nmax

In diesem Fall hat der Hersteller möglicherweise versäumt, seiner Packung nach Festsetzung der Normbereiche für Nemolizumab in der PackungsV ein Normkennzeichen zu geben, denn nach den Vorgaben der PackungsV könnte Nemluvio ein N1-Kennzeichen tragen.

Abb.: Nemolizumab im DAP PZN-Checkplus

In keinem Fall liegt die Packungsgröße, von der hier zwei Packungen verordnet waren, oberhalb der Nmax.

Manchmal kommt es zu solchen Kennzeichnungsproblemen, wenn ein Hersteller sein Produkt bereits auf den Markt bringt, aber das BfArM zusammen mit dem G-BA noch keine Messzahlen für den jeweiligen Wirkstoff definiert hat.

Einspruch einlegen!

Ein fehlendes Normkennzeichen ist in diesem Fall natürlich kein Retaxierungsgrund! Daher sollte die Apotheke Einspruch einlegen – und es ist zu erwarten, dass dieser angesichts der ungerechtfertigten Retaxierung erfolgreich ist und die Apotheke die Kosten für das Arzneimittel erstattet bekommt.

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