Rx wird OTC ohne EDV-Anzeige: Apotheke wird retaxiert

Angesichts der gewaltigen Datenmengen, die mit jedem Arzneimittel verknüpft sind, muss sich die Apotheke auf die Angaben in ihrer Apotheken-EDV verlassen können. Hierzu sind mehrere Datenlieferanten vertraglich in die Verantwortung genommen.

Der letzte in dieser Datenkette ist die versorgende Apotheke, daher sind die Angaben in den Datenverzeichnissen für sie verbindlich:

2 Abs. 3 Rahmenvertrag „Preis- und Produktverzeichnis“

Grundlage dieses Rahmenvertrages sind die von pharmazeutischen Unternehmern nach § 131 Absatz 4 und 5 SGB V sowie nach Maßgabe des ‚Rahmenvertrages nach § 131 SGB V über das bundeseinheitliche Arzneimittelkennzeichen sowie Preis- und Produktinformationen pharmazeutischer Unternehmer‘ zu den Veröffentlichungsterminen 1. und 15. eines Monats übermittelten und in den Verzeichnisdiensten veröffentlichten Preis- und Produktinformationen. […]“

Was ist nun, wenn sich beispielsweise die Verschreibungspflicht eines Arzneimittels von rezeptpflichtig auf apothekenpflichtig ändert und die Apotheken-EDV uns dies nicht sofort anzeigt? Da dies auch Folgen für die Abgabefähigkeit und somit auch für die Erstattung in unseren Apotheken hat, wurde diese Frage kürzlich im DAP Forum unter den Apotheken diskutiert.

Als Beispiel diente hierfür eine Verordnung über Omacor:

Das Original Omacor von Mylan Healthcare ist seit 01.04.2020 nicht mehr verschreibungspflichtig und dadurch nicht mehr GKV-erstattungsfähig. Es gibt noch als Rx gelistete Importe. Ist das so rechtens oder verlieren die Importe automatisch den Status mit dem Original zusammen?

Nun bezieht sich die Zulassung eines Importpräparates auf die Original-Unterlagen des Erstanmelders und wenn dieser durch eine Indikationsänderung seine Rezeptpflicht verliert, sollte sich dies auch auf die bezugnehmenden Importe beziehen.

Zur Diskussion, in der es darum ging, ob auch bei falschen Datenangaben die abgebende Apotheke retaxiert werden könnte, konnte ein weiteres Forumsmitglied sogar eine ähnliche Retaxation zur Verfügung stellen:

Verordnet: Ebenfalls ein wirkstoffgleicher Omega-3-Fettsäureester als Lipidsenker:
Omega 3 Glenmark 1.000 mg WKA N3 100 St.
Krankenkasse:BARMER (IK 105180009)
Abgabedatum:25.10.2019

Die Abgabe des verordneten Omega 3-Präparates wurde mit der Begründung „Abrechnung eines nicht verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittels“ auf null retaxiert:

Auf Rückfrage bestätigte die retaxierte Apotheke dem DAP Forum, dass ihr bei der Abgabe am 25.10.2019 von ihrer EDV weder ein Hinweis auf die geänderte Erstattungsfähigkeit noch auf den geänderten Rezeptstatus (jetzt apothekenpflichtig) angezeigt wurde. Für das vorher verschreibungspflichtige Arzneimittel bestand bisher eine Ausnahme von der Verordnungseinschränkung gemäß Anlage III zur Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL). Da diese Ausnahme jedoch von den Apotheken i. d. R. nicht überprüft werden kann und muss und der Apotheke von ihrer Apotheken-EDV nichts Gegenteiliges angezeigt wurde, hat die Apotheke das Arzneimittel wie verordnet abgegeben.

Allerdings hat das verordnete Präparat im Rückblick seit 19.07.2019 die entscheidende Indikation nicht mehr:

Infolgedessen hat das Präparat die Rezeptpflicht und somit auch die Abgabefähigkeit gemäß Anlage III AM-RL durch die Änderung auf „apothekenpflichtig“ verloren.

In der Lauer-Taxe gibt es aktuell keinen Abgabestatus, nachdem zum 01.09.2019 die „Änderung der Verkehrsfähigkeit“ erfolgte:

Dies wurde der betroffenen Apotheke zum Abgabezeitpunkt jedoch noch nicht angezeigt!

Es besteht für uns kein Grund, an den Angaben des Kollegen zu zweifeln, zumal derzeit immer noch angeblich verordnungsfähige, wirkstoffgleiche Präparate mit dem Status „verschreibungspflichtig“ in der Apotheken-EDV zu finden sind:

Dass hier die Daten-Vorlieferanten der Apotheken noch Nachbesserungsbedarf haben, ist somit offensichtlich.
Diese Datenprobleme können jedoch nicht der retaxierten Apotheke belastet werden, denn diese kann kaum nachweisen, wer was an wen vorab und rechtzeitig gemeldet hat. Die zahlreichen Datenvorlieferanten haben sich jedoch gegenseitig durch zu erfolgende Meldungsinformationen abgesichert.

Die Apotheke wird somit gegen diese Retaxation Einspruch erheben und dabei auf die Verpflichtung hinweisen, dass die beanstandende Rezeptprüfstelle nachweisen muss, dass die fraglichen Daten rechtzeitig weitergegeben wurden und der Apotheke zum Abgabezeitpunkt zur Verfügung standen.

Sollte dies nicht möglich sein, sollte die Apotheke – entsprechend dem aktuellen SG-Urteil – auf einer weiteren begründeten Ermessensentscheidung zur Verweigerung des vertraglich möglichen Retaxverzichtes bestehen.

Apotheker Dieter Drinhaus, DAP Forum

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