Retaxfalle Botendienstgebühr?

Schon vor der Corona­pandemie war es in Apotheken an der Tages­ordnung, Arznei­mittel, die bei der Rezept­vorlage in der Apotheke zunächst bestellt werden mussten, per Boten­dienst zuzu­stellen.

Dass Apotheken den Kranken­kassen für diese Dienst­leistung eine Gebühr in Rechnung stellen dürfen, wurde zuerst im Zuge der Sonder­regelungen zur Kontakt­reduzierung im Zusammen­hang mit der Corona­pandemie verein­bart, aber nach­folgend durch Auf­nahme ins SGB V verstetigt.

Offenbar scheiden sich an der Umsetzung aber wie bei so vielen anderen Themen die Geister: Immer wieder wird die Boten­dienst­gebühr seitens der Kranken­kassen retaxiert. So berichtete uns kürzlich eine Apotheke, dass ihr für mehrere Rezepte die Boten­dienst­gebühr gekürzt wurde.

Grundlagen Botendienst­gebühr

Die rechtliche Grund­lage für die Abrechnung der Boten­dienst­gebühr ist mittler­weile in § 129 Abs. 5g SGB V zu finden.

Dort heißt es:

129 Abs. 5g SGB V

„(5g) Apotheken können bei der Abgabe verschreibungs­pflichtiger Arznei­mittel im Wege des Boten­dienstes je Liefer­ort und Tag einen zusätz­lichen Zuschlag in Höhe von 2,50 Euro zuzüglich Umsatz­steuer erheben.“

Die Abrechnung der Gebühr in Höhe von 2,50 Euro plus Mehrwert­steuer (in Summe also 2,98 Euro) erfolgt über die Sonder-PZN 06461110.

Die Botendienst­gebühr kann nur für verschreibungs­pflichtige Arznei­mittel abge­rechnet werden, nicht aber für nicht verschreibungs­pflichtige Arznei­mittel, die beispiels­weise für Kinder auf GKV-Rezept verordnet werden. Ausgenommen sind auch sonstige Produkt­gruppen wie Hilfs­mittel oder Medizin­produkte. Pro Tag und Liefer­ort kann die Gebühr einmal abge­rechnet werden, eine mehr­fache Belieferung an einem Tag ist nicht abrechnungs­fähig. Für Privat­rezepte kann keine Boten­dienst­gebühr abge­rechnet werden, da sich die Regelung im SGB V wieder­findet – dieses umfasst nur die Leistungen der gesetz­lichen Kranken­versicherung, nicht aber die der privaten Versicherer.

Bei der Belieferung von Personen, die in Alten- oder Pflege­heimen leben, kann die Boten­dienst­gebühr in der Regel nicht abge­rechnet werden, da die Arznei­mittel­belieferung hier im Rahmen eines gesonderten Versorgungs­vertrages zwischen Apotheke und Heim erfolgt. Nur dann, wenn einzelne Bewohnerinnen und Bewohner sich außer­halb des allge­meinen Vertrags im Zuge der freien Apotheken­wahl mit Rx-Arznei­mitteln beliefern lassen, kommt die Abrechnung der Gebühr in Frage.

Retaxbeispiele

Eine betroffene Apotheke berichtete von zwei Rezepten, bei denen die Boten­dienst­gebühr seitens der GKV retaxiert wurde: Einmal handelte es sich um eine Verordnung über Silapo 4.000 I.E./0,4 ml und einmal um ein Rezept über Depigoid Milben-Mix Fort­setzungs­behandlung 1. Bei Desensibilisierungs­lösungen waren offen­sichtlich noch weitere Rezepte von solchen Retaxierungen betroffen.

Die Apotheke fragte beim DAP-Team nach, ob es für diese Präparate Ein­schränkungen hinsichtlich des Boten­dienstes gab, denn es handelt sich bei allen Präparaten um ver­schreibungs­pflichtige Arznei­mittel.

Eine Ausnahme für die genannten Präparate gibt es nach unserer Ein­schätzung nicht, da es sich – wie beschrieben – um Rx-Arzneimittel handelt. Es gibt auch keine Einschränkungen für kühl zu lagernde Arznei­mittel; die Apotheke muss natürlich beim Transport auf die korrekte Lagerung achten.

Die Apotheke sollte daher zunächst prüfen, ob die genannten Rezepte gegeben­en­falls für eine in einem Heim lebende Person ausge­stellt wurden bzw. ob es sich bei der Lieferung an dem Liefer­tag um die einzige Lieferung an diese Adresse handelte. Wenn sich daraus keine Aus­schluss­kriterien ergeben, ist ein Ein­spruch gegen die Retaxationen empfehlens­wert, denn dann gibt es für diese keine ersichtliche Grund­lage.

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