Retax: Retax­summe höher als Arznei­mittel­preis

Retaxationen sind immer ein Ärgernis, aber wenn der Apotheke ein Fehler unter­laufen ist, wird sie dies üblicher­weise auch einsehen (und anschließend zur Vor­beugung die internen Prozesse schärfen). Wenn eine Apo­theke jedoch gleich doppelt bestraft wird und am Ende über die eigent­lichen Kosten des Arznei­mittels hinaus gekürzt wird, ist die Ver­ärgerung nach­voll­ziehbar. Ein solches Bei­spiel schilderte uns kürz­lich eine betrof­fene Apo­theke.

Vergütung plus Zuzahlung retaxiert

Abgegeben wurde im Oktober des vergangenen Jahres Novaminsulfon 500 mg, 10 St., PZN 00262450 zulasten einer Ersatzkasse. Die Apotheke übersah leider einen geltenden Rabattvertrag und behandelte das Rezept zudem als befreit, obwohl kein Befreiungskreuz gesetzt war. Soweit erkennt die Apotheke auch ihre Fehler eindeutig an.

Allerdings summierte sich die Retax der Kranken­kasse wie folgt: Retaxiert wurde der Arznei­mittel­preis von 12,15 €, wobei der Apotheke gemäß den Retax­vorgaben für Rabatt­vertrags­ver­stöße nach § 129 Abs. 4d zumindest noch der EK zuzüglich Mehr­wert­steuer (hier 1,68 €) zugestanden wurde. Zusätzlich forderte die Kranken­kasse aber auch die nicht einbehaltene Zuzahlung von der Apotheke, sodass letztlich eine Retax­summe von 15,47 € verbucht wurde. Bei einem Arznei­mittel­preis von 12,15 € wird der Apotheke also mehr gekürzt als der VK des Arzneimittels.

Gesamt­summe der Versorgung sollte berücksichtigt und nicht überschritten werden

Aus Sicht der Kranken­kasse werden zwei Fehler separat retaxiert, einmal der Rabatt­vertrags­verstoß und zusätzlich die nicht einbehaltene Zuzahlung. Diese formale Betrachtungsweise mag nachvollziehbar sein, aber die Höhe des Betrags sollte ins Verhältnis zum Arznei­mittel­preis gesetzt werden.

Die Apotheke hat den Patienten versorgt und der Rabatt­vertrags­fehler wurde zu Recht per Retax geahndet. Allerdings sollte die Kranken­kasse dann keine zusätzliche Forderung nach der Zuzahlung stellen, wenn sie schon die Vergütung des Arzneimittels nicht zahlt. Die Zuzahlung ist ein gesetzlicher Eigen­anteil der Patientin bzw. des Patienten, nicht der Kranken­kasse. Wenn der Fall „rückabgewickelt“ wird, also auf null (abgesehen vom Ausgleich von EK plus Mehr­wert­steuer), kann auch kein weiterer Anspruch entstehen. Alles andere führt zu einem negativen Geschäft für die Apotheke – obwohl die Leistung erbracht wurde.

Unsere Einschätzung ist, dass eine Retaxation der Rezept­gebühr über die Retaxation hinaus juristisch anfechtbar sein müsste. In der Praxis ist nicht abschließend geklärt, ob die Kassen dazu berechtigt sind. Es sollte die Auffassung gelten: Wenn der Vorgang „auf null“ gesetzt wird, darf nichts weiter abgezogen werden.

Die Apotheke sollte daher unbedingt Einspruch einlegen, und zwar mit der Begründung, dass die Rezept­gebühr kein Anspruch der Kranken­kasse ist, sondern eine ver­siche­rungs­recht­liche Pflicht der versicherten Person – und dass bei einer vollständigen Retaxation keine zusätzliche Forderung zulässig ist.

Dabei sollte ein Hinweis auf eine unverhältnismäßige Sanktion erfolgen (Fehler bei Rabattvertrag + Zuzahlung führen hier zu einem Verlust über den Arznei­mittel­preis hinaus, obwohl die versicherte Person versorgt wurde).

Wir hoffen, dass die Kranken­kasse dem Einspruch stattgibt und zumindest nicht mehr als der Arznei­mittel­preis retaxiert wird.

Haben Sie bereits ähnliche Erfahrungen sammeln müssen? Dann teilen Sie diese gerne mit uns – entweder als Kommentar unter diesem Beitrag oder per Mail an abgabeprobleme@extradeutschesapothekenportal.de.

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