Retax nach Monatswechsel: neue Probleme durch das E‑Rezept

Das E-Rezept sollte unter anderem dazu führen, dass die Anzahl von Retaxationen aus formalen Gründen zurückgeht. Dies klappt teilweise, doch nach und nach ergeben sich neue Retaxfallen – bei E-Rezepten vor allem dann, wenn eine Rezept­belieferung rund um einen Monats­wechsel erfolgt. Dabei geht es typischer­weise um die Recherche der abzu­gebenden Rabatt­arznei­mittel. Im heutigen Fall hatte eine Apotheke das Nachsehen.

E-Rezept-Zuweisung per E-Rezept-App

Einer Apotheke wurde am 31. März dieses Jahres abends kurz vor Geschäfts­schluss ein E-Rezept über Sumatriptan 1 A Pharma 100 mg TAB 6 St. N2 (PZN: 06313711) zulasten der DAK-Gesundheit per E-Rezept-App zugewiesen. Das Rezept wurde erst am folgenden Tag (1. April) in der Apotheke bearbeitet und das verordnete Präparat per Boten­dienst an die betroffene Person ausge­liefert.

Die Apotheken-EDV meldete das Präparat der Firma 1 A Pharma als Rabatt­arznei­mittel und eine Übersicht der Abrechnungs­zeilen der EDV gab keinen entsprechenden Verstoß an („Rabatt­vertrags­erfüllung = ja, abgegeben“). Daher ergaben sich für die Apotheke hier keine Anhalts­punkte, noch einmal genauer zu prüfen – das Rezept ging so nach der Abgabe am 1. April in die Abrechnung.

Retax wegen Rabattvertragsverstoß

Allerdings erhielt die Apotheke kürzlich eine Retax dieser Verordnung. Als Grund wurde angegeben:

„Es erfolgte keine Abgabe eines rabatt­be­günstigten Arznei­mittels (§ 130a Abs. 8 SGB V und §§ 11 oder 13 des Rahmen­vertrages nach § 129 Abs. 2 SGB V).“

Der Apotheke wurde damit nicht der volle Arznei­mittel­preis, sondern gemäß § 129 Abs. 4d Satz 2 nur der Einkaufs­preis zuzüglich Mehrwert­steuer erstattet.

Die Apotheke war sich jedoch keines Fehlers bewusst – wie kam es zu diesem Rabatt­vertrags­verstoß, wo doch die EDV die Rabatt­verträge als erfüllt darstellte?

Abrufdatum ist nicht gleich Abgabedatum

Die Krux liegt in diesem Fall einmal mehr im Monats­wechsel. Das E-Rezept wurde der Apotheke am 31. März zuge­wiesen, was dann offen­sichtlich als Abruf­datum galt. Abgegeben wurde das Arznei­mittel tags darauf im neuen Monat. Zum Leidwesen der Apotheke hatten sich über diesen Monats­wechsel die Rabatt­verträge beim vor­liegenden Arznei­mittel geändert:

Bis zum 31. März war nicht das Präparat von 1 A Pharma rabattiert, sondern die aut-idem-konformen Präparate von Bluefish, Viatris sowie betapharm. Das abgegebene Arznei­mittel von 1 A Pharma war mit Beginn des Aprils bei der vor­liegenden Kranken­kasse rabattiert.

Für die Auswahl der Rabatt­verträge ist gemäß § 7 Abs. 1 Rahmen­vertrag das Abruf­datum (bzw. bei Papier­rezepten das Vorlage­datum) relevant:

7 Abs. 1 Rahmenvertrag

„Grundlage für die Auswahl des abzu­gebenden Arznei­mittels ist die gültige, ordnungs­gemäße vertrags­ärztliche oder ‑zahn­ärztliche Verordnung in papier­gebundener oder elektro­nischer Form zum Zeit­punkt der Vorlage. Für eine elektro­nische Verordnung ist der Zeitpunkt des Abrufs aus der TI maßgebend.“

Damit hätte die Apotheke die Rabatt­verträge noch am Tag der Zuweisung durch die E-Rezept-App prüfen und das ent­sprechende Arznei­mittel bestellen müssen. Der Abgabe­tag ist letztlich für die Ermittlung des Abgabe­preises relevant – auch dies kann vor allem dann zu Problemen führen, wenn sich mit den Rabatt­verträgen auch die Zuzahlung für ein Arznei­mittel ändert.

Als die Apotheke aller­dings am Folgetag dazu kam, dieses Rezept zu bearbeiten, zeigte die EDV ihr nur die neuen Rabatt­verträge an. So entstand der „Fehler“, der zu der Retax führte.

Formal ist die Kranken­kasse mit ihrer Retax im Recht, doch nun stellt sich die Frage, wie mit Rezepten umzu­gehen ist, die Apotheken per E-Rezept-App zuge­wiesen werden. Dies ist auch außer­halb der Öffnungs­zeiten der jeweiligen Apotheken möglich – die Apotheke ist dann aber gar nicht in der Lage, solche Rezepte unmittel­bar am selben Tag zu bearbeiten. Daher sollte zwischen zuge­wiesenen und abge­rufenen Rezepten differenziert werden.

Sorgfältige Prüfung rund um den Monatswechsel

Ändern sich durch den Monats­wechsel über Nacht die Rabatt­verträge, so hat die Apotheke erfahrungs­gemäß nicht in allen EDV-Systemen die Möglichkeit, das Datum zurück­zusetzen, um zurück­liegende Rabatt­verträge zu recherchieren bzw. zu prüfen – ob dies möglich ist, sollten Apotheken für die eigene EDV in Erfahrung bringen.

Hier zeigt sich damit eine weitere Retax­falle für Apotheken rund um das E-Rezept. Um hier vorzu­beugen, sollten ent­sprechende Rezepte und die umge­setzten Rabatt­verträge tunlichst bei einem Monats­wechsel noch­mals über­prüft werden.

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