Retax eines E-Rezepts im Entlassmanagement
Entlassrezepte verursachen in Apotheken weiterhin Probleme, die gerne durch eine Retax bestraft werden. Dabei geht es in den seltensten Fällen um eine Falschbelieferung durch die Apotheke. Vielmehr sind es formale Fehler, die bevorzugt den Apotheken angelastet werden, obwohl eine falsche Ausstellung durch die verordnende Person erfolgte. So auch im folgenden Fall, wo zusätzlich die Unterstützung durch die Apotheken-EDV (noch) nicht ausreichend gegeben war.
Retax wegen Überschreitung der Belieferungsfrist
Eine Apotheke hatte am 7. Dezember 2024 zwei E-Rezepte beliefert, die am 27. November 2024 ausgestellt worden waren. Ein knappes Jahr später ging die Vollabsetzung beider Rezepte bei der Apotheke ein. Begründung: „Entlassmanagement – Überschreitung der maximal zulässigen Belieferungsfrist“. Die Apotheke schrieb in ihrer Anfrage an das DAP-Team, dass sich bei der Rezeptbelieferung keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Entlassrezepts ergeben hatten, die EDV hatte auch keinen entsprechenden Hinweis angezeigt. So konnte nicht erkannt werden, dass das Rezept nur 3 Tage hätte beliefert werden dürfen.
Eine Überprüfung der Rezeptimages, die aus den E-Rezept-Daten generiert wurden, ergab folgendes Bild: Der Balken „Entlassmanagement“, wie er bei Papierrezepten zu sehen ist, wird nicht dargestellt. Die BSNR beginnt mit den Ziffern 77, an letzter Position des Statusfelds ist weder eine 4 noch eine 14, sondern „10000“ eingetragen. Offensichtlich meldete die EDV der Apotheke auch keinen Hinweis, dass es sich bei der Verordnung um ein Entlassrezept handelt – nach Angaben der Apotheke konnte die verwendete EDV Entlassrezepte zum Abgabezeitpunkt noch nicht korrekt darstellen.
Aufgrund des Chaos um die BSNR und das Standortkennzeichen gab es zwar zum Abgabezeitpunkt diesbezüglich Friedenspflichten bei abweichenden bzw. fehlenden Angaben zu BSNR/Standortkennzeichen, diese bezogen sich jedoch nur auf Papierrezepte – Begründung: Bei E-Rezepten seien solche Probleme nicht zu erwarten.
Anscheinend gab es jedoch Probleme mit der Darstellung: Wenn das E-Rezept nicht alle Merkmale eines Entlassrezepts trägt, die in der elektronischen Fassung zumindest die entsprechenden Angaben in BSNR- und Statusfeld umfassen sollten, so konnte die EDV dies zum Abgabezeitpunkt nicht korrekt als Entlassrezept darstellen und warnte auch nicht aufgrund der offensichtlich überschrittenen Abgabefrist (3 Werktage inklusive Ausstellungsdatum bei Entlassrezepten).
Allgemeine Friedenspflicht für E-Rezepte seit 1. Januar 2025
Dass E-Rezepte hinsichtlich der Formalien nicht immer retaxsicher ausgestellt sind, wird auch in der zum 1. Januar 2025 beschlossenen Zusatzvereinbarung zum Rahmenvertrag für elektronische Verordnungen berücksichtigt. Hier heißt es unter anderem in § 2 Buchst. b:
2 Buchst. b Zusatzvereinbarung zum Rahmenvertrag vom 1. Januar 2025
Bei den folgenden Ziffern gehen die Vertragspartner davon aus, dass keine Fehler auftreten. Sollten sie dennoch auftreten, verständigen sich die Vertragspartner kurzfristig über das weitere Vorgehen. Unabhängig von der Dauer dieser Vereinbarung hat die Apotheke keine Prüfpflicht auf die inhaltliche Richtigkeit folgender Angaben:
1. Praxis-/Klinikanschrift:
Die Praxis-/Klinikanschrift muss vorhanden sein.
2. Arztnummer (Pseudoarztnummer):
Die Arztnummer (Pseudoarztnummer) muss numerisch vorhanden sein.
3. BSNR/Standortnummer:
Die BSNR/Standortnummer muss vorhanden sein. Bei Zahnärzten muss statt der BSNR/Standortnummer die Abrechnungsnummer eingetragen sein.
4. Statusangabe zum Versicherten:
Der Versichertenstatus muss vorhanden sein.
Außerdem ist in der Zusatzvereinbarung ein „Gebot des Augenmaßes“ empfohlen – formale Abweichungen von einer ordnungsgemäßen elektronischen Verordnung sollen also mit Augenmaß behandelt werden.
Formaler Fehler darf nicht zur Beanstandung führen
Auch wenn diese Zusatzvereinbarung erst 3 Wochen nach der oben vorgestellten Rezeptbelieferung in Kraft trat, war schon vorher klar, dass rein formale Fehler nicht zu Retaxationen führen sollten. Hier führte solch ein formaler Fehler dazu, dass die Apotheke bzw. deren EDV das Entlassrezept nicht als solches erkennen konnte und daher die Überschreitung der Belieferungsfrist unbemerkt blieb.
Es war weder die Arzneimittelsicherheit noch die Wirtschaftlichkeit der Versorgung beeinträchtigt, daher ist ein Einspruch mit Hinweis auf § 6 Abs. 1 Buchst. c und d Rahmenvertrag empfehlenswert:
6 Zahlungs- und Lieferanspruch
(1) Der durch Normverträge näher ausgestaltete gesetzliche Vergütungsanspruch der Apothekerin / des Apothekers entsteht im Gegenzug für die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Leistungspflicht mit Belieferung einer gültigen ordnungsgemäßen vertragsärztlichen Verordnung in papiergebundener oder elektronischer Form. Der Vergütungsanspruch der Apothekerin / des Apothekers entsteht trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung dann, wenn […]
c) die Krankenkasse im Einzelfall entscheidet, die Apotheke trotz eines derartigen Verstoßes ganz oder teilweise zu vergüten,
d) es sich um einen unbedeutenden, die Arzneimittelsicherheit und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht wesentlich tangierenden, insbesondere formalen Fehler handelt.
Außerdem sollte nochmals auf das Gebot des Augenmaßes hingewiesen werden: BSNR und Statusangaben waren vorhanden, konnten in der damaligen Darstellung durch die EDV aber nicht als Entlassrezept identifiziert werden. Sofern ein „Beweis“ dieser Darstellung im Nachhinein noch möglich ist, sollte dies dem Einspruch ebenfalls beigelegt werden.
Apotheken sollten in ihrer EDV einmal prüfen, wie sich die Situation mittlerweile darstellt: Wie werden Entlassrezepte angezeigt? Erhalten Sie entsprechende Hinweise oder wird gar der Balken „Entlassmanagement“ in einem Rezeptimage dargestellt? Kommentieren Sie dies gerne unter diesem Beitrag – wir sind gespannt welche Rückmeldungen wir von Ihnen dazu erhalten.
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