Detektivspiel: Retax von Impfstoff im Sprechstundenbedarf
Bei der Überprüfung von Retaxationen erschließt sich einem nicht immer auf den ersten Blick, wie es zu dem durch die Krankenkasse angegebenen Preis kommt. Dann muss die Apotheke ihr gewohntes Aufgabengebiet erweitern und sich wie ein Detektiv auf die Suche nach des Rätsels Lösung begeben. So auch im folgenden Fall, bei dem eine Apotheke das DAP-Team um Rat fragte.
Impfstoffretax im Sprechstundenbedarf
Eine Apotheke hatte im August des vergangenen Jahres ein SSB-Rezept über 10 Spritzen eines Importes von Boostrix Polio erhalten, die Abrechnung des Rezeptes erfolgte im Bereich Westfalen-Lippe. Abgerechnet wurde der durch die EDV angegebene Vertragspreis in Höhe von 340,94 Euro. Die Krankenkasse kürzte jedoch die Erstattung auf einen Preis von 302,59 Euro. Dies verwunderte die Apotheke, denn dieser Preis war in der Taxe an keiner Stelle auffindbar und die Apotheke dachte, mit Abgabe des verordneten Importes wirtschaftlich gehandelt zu haben – das Original war nach dem in der EDV hinterlegten Vertragspreis teurer.
Kleinteilige Recherche zu Vertragspreisen und Rabatten
Nun beginnt das eingangs erwähnte Detektivspiel: In der Retaxbegründung wurde auf die regional vereinbarten Vorgaben zur Preisberechnung von Impfstoffen verwiesen. Zudem springt der Hinweis „Rabattwert korrigiert“ ins Auge. Ein Blick in die Auflistung der Vertragspreise in der Taxe bringt einen weiteren Schritt in Richtung der korrekten Lösung. Hier findet sich die Erläuterung, dass gemäß der geltenden Impfstoffvereinbarung in diesem Bereich Impfstoffe des Originalherstellers abzurechnen sind.
Die Krankenkasse hat demnach mit dem Originalhersteller einen Rabatt ausgehandelt, der bei Originalabgabe zwischen diesen beiden Stellen abgewickelt wird. Im Gegensatz zu Rabattpreisen für „normale“ Rabattarzneimittel ist die Höhe des Rabattes hier ausnahmsweise sichtbar.
Auf den Preis der Retax kommt man, wenn man vom Vertragspreis des Originals den Impfstoffrabatt sowie den Pflichtrabatt der Apotheke abzieht:
Vertragspreis des Originals | 344,36 Euro |
abzgl. Impfstoffrabatt | − 39,77 Euro |
abzgl. Pflichtrabatt der Apotheke | − 2,00 Euro |
= 302,59 Euro |
Retax berechtigt
Hätte die Apotheke das Original abgegeben, hätte sie den (teureren) Vertragspreis von 344,36 Euro abrechnen können, der Rabatt wäre dann über die GKV mit dem Hersteller verrechnet worden. Da die Apotheke aber den Import abgegeben hat, konnte die Krankenkasse den Rabatt nicht vom Rabattpartner einziehen und bittet dafür nun die Apotheke zur Kasse.
Irritierend ist, dass in der Apotheken-EDV bei der Abgabe anscheinend kein entsprechender Warnhinweis angezeigt wurde – oder dieser wurde im Eifer des Gefechts übersehen, in der Annahme, dass die Importabgabe durch den geringeren Vertragspreis wirtschaftlich ist.
In diesem Fall wurde die Retaxation offensichtlich zu Recht ausgesprochen, ein Einspruch hat hier keine Aussicht auf Erfolg.
Jedoch ist es für zukünftige Verordnungen empfehlenswert, den Vorgang in der EDV nochmals durchzuspielen und zu schauen, ob entsprechende Hinweise angezeigt werden, und das Team auf diese Problematik zu schulen. So können weitere Retaxationen dieser Art hoffentlich vermieden werden.
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