Arzneimittel mit Risiko für hitze­be­dingte Gesund­heits­schäden

Die Tempera­turen steigen – nicht nur im Sommer, sondern auch im globalen Durch­schnitt. Das belastet nicht nur die Allgemein­be­völkerung, sondern erhöht insbe­sondere bei Menschen mit bestimmten Arbeits- oder Lebens­bedingungen, funktionellen Ein­schränkungen, chronischen Erkrankungen oder bei Anwendung bestimmter Arznei­mittel das Risiko hitze­be­dingter Gesund­heits­schäden. Welche Arznei­stoff­klassen dieses Risiko erhöhen und welche Maß­nahmen zur Vorbeugung sinn­voll sein können, zeigt die Heidel­berger Hitze-Tabelle.

Nicht nur Ende Juni erreichten die Tempera­turen in Deutsch­land mit 40 °C einen Rekord­wert für das Jahr 2025 – auch global wurde 2024 mit einer durch­schnitt­lichen Er­wärmung von 1,6 °C über dem vor­industriellen Niveau (1850–1900) ein neuer Höchst­wert ver­zeichnet.1,2 Damit war 2024 nicht nur das bis­lang wärmste Jahr seit Beginn der Wetter­auf­zeichnungen, sondern auch das erste Jahr, in dem die 1,5-°C-Schwelle über­schritten wurde, auch wenn sich diese im Pariser Klima­abkommen auf einen 20-Jahres-Mittel­wert bezieht.2 Während die steigenden Tempera­turen Mensch und Natur allge­mein be­lasten, erhöhen sie für bestimmte Risiko­gruppen das Risiko hitze­be­dingter Gesund­heits­schäden.3

Dazu zählen Menschen mit körper­licher Tätigkeit im Freien, ohne Zugang zu kühlen Räumen oder Klima­anlagen, Personen, die isoliert leben, obdach­los, pflege­bedürftig oder bett­lägerig sind, sowie Menschen mit Grund­erkrankungen wie Herz-Kreis­lauf-Erkrankungen, chronischen Lungen­erkrankungen, Diabetes mellitus, neuro­logischen oder psychiatrischen Erkrankungen oder höher­gradiger Adi­positas. Auch die Anwendung bestimmter Arznei­mittel, wie sie in der Heidel­berger Hitze-Tabelle aufge­führt sind, kann das Risiko hitze­bedingter Gesund­heits­schäden erhöhen, etwa durch eine Beein­trächtigung der körper­eigenen Temperatur­regulation, des Flüssig­keits­haus­halts oder durch eine be­schleunigte Wirk­stoff­auf­nahme bzw. eine ver­langsamte Aus­scheidung bei hohen Temperaturen.4

So können etwa Diuretika, Laxanzien, Levothyroxin und Lithium zu einem Flüssig­keits­mangel führen. Anti­cholinerge Wirk­stoffe, darunter anti­cholinerge Anti­parkinsonika, Anti­psychotika, Anti­histaminika der 1. Generation, Parasympatholytika, Sympathomimetika, Trizyklika, urologische Spasmolytika und zentrale α2-Agonisten, sowie Carbamazepin und trans­dermale Opioide können das Schwitzen reduzieren. Weitere Risiken ergeben sich durch eine mögliche beschleu­nigte Wirk­stoff­auf­nahme bei First-Pass-Medi­ka­menten, trans­dermalen Systemen (z. B. mit Opioiden, Nikotin, organischen Nitraten, Testosteron) und subkutan verabreichten Arznei­mitteln wie Insulin. Auch ein ver­minderter Abbau von über die Nieren ausge­schiedenen Wirk­stoffen (z. B. Lithium), eine gestörte Wärme­abgabe durch β-Blocker, Anti­histaminika der 1. Generation und Sympathomimetika sowie ein redu­ziertes Durst­gefühl unter ACE-Hemmern spielen eine Rolle.

Für jede dieser Stoff­klassen listet die Heidel­berger Hitze-Tabelle zudem Maß­nahmen zur Risiko­minimierung auf – etwa eine aus­reichende Flüssig­keits­zufuhr, den Wechsel auf andere Arznei­mittel, Dosis­anpassungen oder die eng­maschige Beobachtung und Doku­mentation von Neben­wirkungen.
 


1 Hessische/Niedersächsische Allgemeine (2025). Deutschland-Wetter reißt historische Rekorde – 2025 droht der heißeste Sommer aller Zeiten. https://www.hna.de/welt/der-heisseste-sommer-aller-zeiten-sommerhitze-heute-zwoelfmal-haeufiger-1980-gab-es-hitzetage-2022-schon-16-2025-droht-zr-93808841.html
2 natur+ (2025). 2024 hat erstmals die 1,5-Grad-Schwelle überschritten. https://www.wissenschaft.de/erde-umwelt/2024-hat-erstmals-die-15-grad-schwelle-ueberschritten/
3 Hausärztinnen- und Hausärzteverband (2023). Hitze-Manual Klimaresiliente hausärztliche Versorgung. https://www.haev.de/fileadmin/user_upload/downloads/Hitze-Manual_HAEV_Juli_2023.pdf
4 Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie, Universitätsklinikum Heidelberg (2024). Heidelberger Hitze-Tabelle. https://www.dosing.de/Hitze/Medikamentenmanagement_bei_Hitzewellen.pdf

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